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Schwur des Ruhms
Morgan Rice


Ring der Zauberei #5
In SCHWUR DES RUHMS (Buch #5 aus dem Ring der Zauberei) bricht Thor gemeinsam mit seinen Freunden aus der Legion auf eine epische Reise in die unendliche Wildnis des Empire auf um das uralte Schwert des Schicksals zu finden und den Ring zu retten. Thors Freundschaften vertiefen sich auf der Reise zu unbekannten Orten und stehen unerwarteten Monstern gegenüber während sie Seite an Seite in unvorstellbaren Schlachten kämpfen. Sie bereisen exotische Länder, treffen auf Wesen jenseits der Vorstellungskraft. Jeder Schritt ihrer Reise ist voller Gefahren Sie werden all ihre Kräfte und Fähigkeiten heraufbeschwören müssen, wenn sie auf der Spur der Diebe, die sie tiefer und tiefer ins Empire hineinführt, überleben wollen. Ihre Suche führt sie ins Herz der Unterwelt, eines der sieben Reiche der Hölle, wo die Untoten regieren und die Felder mit Knochen gesäumt sind. Als Thor seine Kräfte beschwört, hat er mehr denn je damit zu kämpfen die Natur dessen zu verstehen, wer er ist. Zu Hause im Ring muss Gwendolyn die Hälfte von Kings Court in die Bastion des Westens nach Silesia führen, eine uralte Stadt um Rand des Canyons, die seit mehr als tausend Jahren dort besteht. Silesias Befestigungsanlagen haben es der Stadt erlaubt, über die Jahrhunderte jedem Angriff standzuhalten. Doch es musste sich nie zuvor einem Heerführer wie Andronicus mit seiner gigantischen Armee zur Wehr setzten. Gwendolyn lernt, was es bedeutet, eine Königin zu sein als sie die Führungsrolle mit Kolk, Brom, Steffen, Kendrick und Godfrey an ihrer Seite übernimmt und die Stadt auf den schrecklichen Krieg, der sie erwartet, vorbereiten muss.







S C H W U R D E S R U H M S



(BUCH #5 iM RING DER ZAUBEREI)



Morgan Rice


Гњber Morgan Rice



Morgan schrieb auch die Nr. 1 Bestseller Fantasy-Serie DER RING DER ZAUBEREI, die bisher aus zehn Bänden besteht und teilweise auch auf Deutsch erschienen ist. Die Serie beginnt mit QUESTE DER HELDEN (Band 1)!

Morgan Rice schrieb die Nr. 1 Bestseller-Serie THE VAMPIRE JOURNALS, eine zehnteiligen Serie für Jugendliche, die bisher in sechs Sprachen übersetzt wurde und teilweise bereits auf Deutsch erhältlich ist. Die Serie beginnt mit VERWANDELT (Band 1)!

Morgan Rice schrieb auch die Nr. 1 Bestseller ARENA ONE und ARENA TWO, den ersten beiden Titeln der post-apokalyptischen SURVIVAL Action-Thriller-Trilogie, die in der Zukunft angesiedelt ist.

Sämtliche Bücher von Morgan Rice werden demnächst in deutscher Sprache erhältlich sein.

Bitte besuchen Sie auch www.morganricebooks.com (http://www.morganricebooks.com). Morgan freut sich auf Ihren Besuch.


Ausgewählte Kommentare zu Morgan Rices Büchern



“Rice hat das Talent den Leser von der ersten Seite an in die Geschichte hineinzusaugen. Mit ihrer malerischen Sprache gelingt es ihr ein mehr als nur ein Bild zu malen – es läuft ein Film vor dem inneren Auge ab. Gut geschrieben und von wahnsinnig schnellem Erzähltempo.”

--Black Lagoon Reviews (zu Verwandelt)



“Eine ideale Geschichte für junge Leser. Morgan Rice hat gute Arbeit beim Schreiben einer interessanten Wendung geleistet. Erfrischend und einzigartig, mit klassischen Elementen, die in vielen übersinnlichen Geschichten für junge Erwachsene zu finden sind. Leicht zu lesen, aber von extrem schnellem Erzähltempo... Empfehlenswert für alle, die übernatürliche Romanzen mögen.”

--The Romance Reviews (zu Verwandelt)



“Es packte meine Aufmerksamkeit von Anfang an und ließ nicht los…. Diese Geschichte ist ein erstaunliches Abenteuer voll rasanter Action ab der ersten Seite. Es gab nicht eine langweilige Seite.”

--Paranormal Romance Guild (zu Verwandelt)



“Voll gepackt mit Aktion, Romantik, Abenteuer und Spannung. Wer dieses Buch in die Hände bekommt wird sich neu verlieben.”

--vampirebooksite.com (zu Verwandelt)



“Eine großartige Geschichte. Dieses Buch ist eines von der Art, das man auch nachts nicht beiseite legen möchte. Das Ende war ein derart spannender Cliffhanger, dass man sofort das nächste Buch kaufen möchte um zu sehen, was passiert.“

--The Dallas Examiner (zu Geliebt)



“Ein Buch das den Vergleich mit TWILIGHT und den VAMPIRE DIARIES nicht scheuen muss. Eines, das Sie dazu verleiten wird, ununterbrochen Seite um Seite bis zum Ende zu lesen! Wer Abenteuer, Liebesgeschichten und Vampire gerne mag, für den ist dieses Buch genau das Richtige!”

--Vampirebooksite.com (zu Verwandelt)



“Morgan Rice hat sich wieder einmal als extreme talentierte Geschichtenerzählern unter Beweis gestellt… Dieses Buch spricht ein breites Publikum an, auch die jüngeren Fans des Vampir/Fantasy-Genres. Es endet mit einem unerwarteten Cliffhanger der den Leser geschockt zurücklässt.

--The Romance Reviews (zu Geliebt)


BГјcher von Morgan Rice



auf Deutsch erschienen

DER RING DER ZAUBEREI

QUESTE DER HELDEN (Band 1)

MARSCH DER KГ–NIGE (Band 2)

LOS DER DRACHEN (Band 3)

RUF NACH EHRE (Band 4)

SCHWUR DES RUHMS (Band 5)



demnächst auf Deutsch erhältlich

A CHARGE OF VALOR – ANGRIFF DER TAPFERKEIT(Band 6)

A RITE OF SWORDS – RITUS DER SCHWERTER (Band 7)

A GRANT OF ARMS - GEWГ„HR DER WAFFEN (Band 8)

A SKY OF SPELLS – HIMMEL DER ZAUBER (Band 9)

A SEA OF SHIELDS – MEER DER SCHILDE (Band 10)

A REIGN OF STEEL – HERRSCHAFT DES STAHLS (Band 11)

A LAND OF FIRE – LAND DES FEUERS (BAND 12)

A RULE OF QUEENS – DIE HERRSCHAFT DER KÖNIGINNEN (BAND 13)

demnächst auf Deutsch erhältlich

DIE SURVIVAL TRILOGIE

ARENA ONE: SLAVERSUNNERS (Band #1)

ARENA TWO (Band #2)



auf Deutsch erschienen

THE VAMPIRE JOURNALS

VERWANDELT (Band #1)

GELIEBT (Band 2)



demnächst auf Deutsch erhältlich

BETRAYED (Band 3)

DESTINED (Band 4)

DESIRED (Band 5)

BETROTHED (Band 6)

VOWED (Band 7)

FOUND (Band 8)

RESURRECTED (Band 9)

CRAVED (Band 10)











(http://www.amazon.com/Quest-Heroes-Book-Sorcerers-Ring/dp/B00F9VJRXG/ref=la_B004KYW5SW_1_13_title_0_main?s=books&ie=UTF8&qid=1379619328&sr=1-13)

Hören (http://www.amazon.com/Quest-Heroes-Book-Sorcerers-Ring/dp/B00F9VJRXG/ref=la_B004KYW5SW_1_13_title_0_main?s=books&ie=UTF8&qid=1379619328&sr=1-13) Sie sich die RING DER ZAUBEREI-Serie im Hörbuch-Format an!



Jetzt erhältlich auf:

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Audible (http://www.audible.com/pd/Sci-Fi-Fantasy/A-Quest-of-Heroes-Audiobook/B00F9DZV3Y/ref=sr_1_3?qid=1379619215&sr=1-3)

iTunes (https://itunes.apple.com/us/audiobook/quest-heroes-book-1-in-sorcerers/id710447409)


Copyright В© 2013 by Morgan Rice



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Diese Geschichte ist frei erfunden. Namen, Figuren, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder ein Produkt der Phantasie des Autors oder werden im fiktionalen Sinne verwendet. Jegliche Ähnlichkeit mit existierenden Personen, tot oder lebendig, ist rein zufällig.



Jacket image Copyright Unholy Vault Designs, used under license from Shutterstock.com.


Inhalt



KAPITEL EINS (#u31a882e2-78c4-568c-8237-ba9b1d8cbf79)

KAPITEL ZWEI (#ucce081a3-672c-58fe-aede-ccd0e6f17c19)

KAPITEL DREI (#u0916c39e-2bd8-5bb2-a42b-4d046690009f)

KAPITEL VIER (#ud3663da3-16e7-5e7c-a316-6e56d19686bd)

KAPITEL FГњNF (#u3296d9ce-5e75-5eac-806b-514887781645)

KAPITEL SECHS (#ua5d74655-2a3c-5073-855d-275ffbd93449)

KAPITEL SIEBEN (#u0c92e812-1b28-5687-8415-93e614456ed2)

KAPITEL ACHT (#litres_trial_promo)

KAPITEL NEUN (#litres_trial_promo)

KAPITEL ZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL ELF (#litres_trial_promo)

KAPITEL ZWГ–LF (#litres_trial_promo)

KAPITEL DREIZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL VIERZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL FГњNFZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL SECHZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL SIEBZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL ACHTZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL NEUNZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL ZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL EINUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL DREIUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL VIERUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL FГњNFUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL ZIEBENUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)


“Das Leben gilt uns teuer, doch teurer Mut

Hält Ehr um vieles teurer als das Leben.“

—William Shakespeare

Troius und Cressida




KAPITEL EINS


Andronicus ritt stolz mitten durch die königliche Stadt der McClouds, flankiert von hunderten seiner Generäle und schleifte seinen wertvollsten Besitz hinter sich her: König McCloud.

Seiner Rüstung beraubt, halb nackt, sein fetter haariger Körper entblößt, waren McClouds Hände gefesselt und an Andronicus’ Sattel mit einem langen Seil festgebunden.

Während Andronicus langsam ritt und seinen Triumpf sichtlich genoss, zerrte er McCloud durch die Straßen, über Dreck und Steine hinter sich her und wirbelte eine dicke Staubwolke auf.

McClouds Leute scharten sich um sie auf den Straßen und gafften. Er konnte hören, wie McCloud schrie und sich vor Schmerzen wand, als er ihn auf den Straßen seiner eigenen Stadt zur Schau stellte. Andronicus strahlte. Die Gesichter von McClouds Leuten waren vor Angst erstarrt. Da war ihr ehemaliger Herrscher – nun nicht mehr als der geringste der Sklaven. Es war einer der schönsten Tage, an die sich Andronicus erinnern konnte.

Andronicus war überrascht darüber, wie einfach es gewesen war, die Stadt McClouds einzunehmen. Es schien als wären McClouds Männer demoralisiert gewesen, bevor der Angriff überhaupt begonnen hatte. Andronicus Männer hatten sie wie der Blitz erobert, seine Krieger hatten die Stadt wie ein Schwarm von Heuschrecken überschwemmt, und die wenigen Krieger, die sich überhaupt gewagt hatten aufzustehen um die Stadt zu verteidigen, einfach niedergeritten. Sie hatten die Stadt im Handumdrehen eingenommen. Sie mussten gemerkt haben, dass es keinen Sinn machte, sich zu widersetzen. Sie hatten alle in der Annahme ihre Waffen niedergelegt, dass Andronicus sie gefangen nehmen würde.

Doch sie kannten den groГџen Andronicus schlecht. Er verabscheute Kapitulation. Er nahm keine Gefangenen, und die Tatsache, dass sie ihre Waffen niedergelegt hatten, machte es nur einfacher fГјr ihn.

In den Straßen von McClouds Stadt floss das Blut in Strömen, als Andronicus Männer durch jede Gasse, jede noch so kleine Seitenstraße schwärmten und jeden Mann, den sie finden konnten, einfach niedermetzelten. Die Frauen und Kinder hatte er als Sklaven genommen, so wie er es immer tat. Die Häuser plünderten sie, eines nach dem anderen.

Während Andronicus nun langsam durch die Straßen ritt und seinen Triumpf in vollen Zügen genoss, sah er überall Leichen, Berge von Beute und die zerstörten Häuser. Er wandte sich um und nickte einem seiner Generäle zu, und sofort hob der General seine Fackel und signalisierte seinen Männern. Hunderte von ihnen schwärmten daraufhin über die ganze Stadt aus und setzten die Strohdächer in Brand. Flammen erhoben sich um sie herum und züngelten gen Himmel, und Andronicus konnte schon die Hitze spüren.

„NEIN!“, schrie McCloud und bГ¤umte sich hinter ihm auf.

Andronicus grinste breiter und ritt schneller. Er ritt auf einen besonders großen Stein zu, hörte ein befriedigendes Rumpeln und wusste, dass er McClouds Körper darüber geschleift hatte.

Andronicus fand großen Gefallen daran, die Stadt brennen zu sehen. So wie er es in jeder eroberten Stadt des Empire getan hatte, würde er erst die Stadt dem Boden gleich machen, und sie dann mit seinen eigenen Männern, seinen eigenen Generälen, wieder aufbauen – sein eigenes Reich. Das war sein Stil. Er wollte nicht die geringste Spur der Vergangenheit haben. Er war dabei, eine neue Welt zu erschaffen. Die Welt des Andronicus.

Der Ring, der heilige Rind, der allen seine Vorfahren versagt geblieben war, gehörte nun ihm. Er konnte es kaum fassen. Er atmete tief und staunte darüber, wie großartig er doch war. Bald schon würde er über die Highlands ziehen und auch die andere Hälfte des Rings erobern. Dann würde es keinen Ort auf dem Planeten mehr geben, den er nicht betreten hatte.

Andronicus ritt auf die hoch aufragende Statue McClouds auf dem Stadtplatz zu und hielt davor an. Sie stand da wie ein Schrein aus Marmor, mehr als 15 Meter hoch. Sie zeigte eine Version McClouds, die Andronicus nicht erkannte – einen jungen, fitten, muskulösen McCloud, der stolz sein Schwert schwang.

Es war grenzenlos egoman. Dafür bewunderte ihn Andronicus. Ein Teil von ihm wollte die Statue mit nach Hause nehmen und in seinem Palast als Trophäe aufstellen.

Doch ein anderer Teil war einfach zu angewidert davon. Ohne nachzudenken griff er nach seiner Schleuder – sie war dreimal so groß, wie die, die die Menschen benutzten, und groß genug, um einen Stein von der Größe eines kleinen Felsblocks zu halten. Er holte aus und schleuderte mit aller Gewalt. Der kleine Felsblock flog in hohem Bogen durch die Luft und traf den Kopf der Statue. McClouds Marmorkopf zerbarst in tausend Teile und fiel vom Körper. Andronicus ließ einen Schrei fahren und hob seinen zweiköpfigen Morgenstern. Holte aus und schwang ihn.

Andronicus zerschmetterte den Torso der Statue. Sie wankte und fiel schließlich um, und zerschmetterte unter lautem Krachen. Andronicus wandte sein Pferd um, und versicherte sich, dass er, während er ritt, McClouds Körper über die Scherben zerrte.

„DafГјr wirst du bezahlen!“ rief der gequГ¤lte McCloud schwach.

Andronicus lachte. Er war in seinem Leben vielen Menschen begegnet, aber dieser war wahrscheinlich der erbärmlichste von allen.

„Werde ich das?“ rief Andronicus.

Dieser McCloud war einfach zu dumm; Er hatte immer noch nicht die Macht des großen Andronicus schätzen gelernt. Er würde es ihm beibringen müssen, ein für alle Mal.

Andronicus betrachtete die Stadt, und sein Blick blieb an dem hängen, was McClouds Schloss sein musste. Er gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte los. Seine Männer folgten ihm und McCloud, den er hinter sich her über den staubigen Vorplatz schleifte.

Andronicus ritt dutzende von Marmortreppen hoch, McClouds Körper hinter sich; er schrie und Stöhnte bei jeder Stufe und Andronicus ritt weiter, durch den marmornen Eingang hindurch. Seine Männer standen bereits an den Türen Wache, die blutigen Leichen der ehemaligen Wachen zu ihren Füssen. Andronicus grinste zufrieden – jeder Winkel der Stadt gehörte ihm.

Andronicus ritt weiter, direkt durch die riesigen Türen des Schlosses, durch einen Gang mit himmelhohen Gewölbedecken aus Marmor. Er staunte über die Verschwendungssucht dieses McCloud Königs. Er hatte ganz klar keine Ausgaben gescheut und im Luxus geschwelgt.

Doch jetzt war sein Tag gekommen. Andronicus ritt mit seinen Männern weiter die weitläufigen Flure hinab in McClouds Thronsaal. Die Hufschläge der Pferde hallten von den Wänden, und sie hielten in der Mitte des Saales vor einem geradezu obszönen Thron, der ganz aus Gold geschmiedet war, an.

Andronicus stieg vom Pferd, stieg langsam die goldenen Stufen hoch und nahm Platz. Er atmete tief und musterte seine Männer. Dutzende seiner Generäle saßen auf ihren Pferden vor ihm und warteten auf seinen Befehl.

Er sah zum blutigen McCloud herüber, der immer noch an sein Pferd gebunden war und vor sich hin stöhnte. Er musterte den Raum, sah sich die Wände an, die Banner, die Rüstungen, die Waffen. Er sah die Kunstfertigkeit mit der der Thron angefertigt worden war und bewunderte sie. Er überlegte, ob er ihn einschmelzen oder für sich mit nach Hause bringen sollte. Vielleicht würde er ihn auch einem seiner Generäle als Geschenk geben.

Natürlich war dieser Thron hier nichts im Vergleich mit Andronicus� eigenem Thron, dem größten Thron aller Königreiche. Ein Thron an dem zwanzig Arbeiter vierzig Jahre lang gearbeitet haben. Der Bau hatte zu Lebzeiten seines Vaters begonnen und wurde genau an dem Tag fertig, an dem Andronicus seinen eigenen Vater umgebracht hatte. Perfektes Timing.

Andronicus sah auf McCloud, diesen erbärmlichen kleinen Menschen herab, und fragte sich, wie er ihn am besten leiden lassen konnte. Er betrachtete die Form und die Größe seines Schädels und entschied, dass er ihn gerne schrumpfen würde, um ihn an seiner Halskette zu tragen, gemeinsam mit den anderen Schrumpfköpfen, die er bereits trug. Doch Andronicus bemerkte, dass er bevor er ihn umbringen konnte, ihn noch etwas abmagern musste, damit seine Wangenknochen deutlicher hervorstehen und er als Schrumpfkopf besser aussehen würde. Er wollte nicht, dass ein rundliches Gesicht die Ästhetik seiner Kette ruinierte. Er würde ihn eine Weile am leben lassen und ihn in der Zwischenzeit ein wenig quälen

Er schmunzelte vor sich hin. Ja, das war ein sehr guter Plan.

„Bringt ihn zu mir.“, befahl Andronicus einem seiner GenerГ¤le, mit seinem alten, tiefen Knurren. Der General sprang ohne auch nur einen Augenblick zu zГ¶gern von seinem Pferd und eilte zu McCloud, schnitt das Seil durch und zerrte dessen blutverschmierten KГ¶rper Гјber den Boden, was eine breite blutige Schleifspur hinterlieГџ. Er lieГџ ihn direkt vor AndronicusвЂ? FГјГџe fallen.

„Du wirst damit nicht durchkommen!“, murmelte McCloud schwach.

Andronicus schГјttelte den Kopf. Dieser Mensch wГјrde es wohl nie lernen.

„Hier bin ich, und sitze auf deinem Thron.“, sagte Andronicus. „Und da bist du, zu meinen FГјssen. Ich glaube ich kann mit Sicherheit behaupten, dass ich mit allem was ich will durchkommen werde. Und dass ich es schon bin.“

McCloud lag da, stöhnend und sich vor Schmerzen windend.

„Meine erste Amtshandlung wird sein“, sagte Andronicus, „dass ich dich mir den angemessenen Respekt als deinen KГ¶nig und neuen Herrn zollen lasse. Komm her und habe die Ehre, als erster vor mir in meinem neuen KГ¶nigreich niederzuknien, der erste zu sein, der meine Hand kГјsst, und mich KГ¶nig von dem nennt, was einst die McCloud’sche Seite des Rings war.“

McCloud blickte auf, rappelte sich auf HГ¤nde und Knie auf und grinste Andronicus spГ¶ttisch an. „Niemals!“ sagte er, wandte den Kopf und spuckte auf den Boden.

Andronicus lehnte sich zurГјck und lachte. Er genoss es von ganzem Herzen. Er hatte schon eine ganze Weile keinen so eigensinnigen Menschen mehr gesehen.

Andronicus drehte sich um und nickte, und einer seiner Männer griff McCloud von hinten, während ein andere von vorn kam, und seinen Kopf festhielt. Ein Dritter kam mit einer langen Rasierklinge. Als sie näher kamen bäumte sich McCloud voller Angst auf.

„Was macht ihr?”, schrie McCloud panisch und seine Stimme war auf einmal um einige Oktaven hГ¶her. Einer der MГ¤nner rasierte McCloud den halben Bart ab. McCloud erstaunt auf, sichtlich verwirrt darГјber, dass er ihn nicht verletzt hatte.

Andronicus nickte, und ein anderer Mann trat mit einem langen Brandeisen trat vor, an dessen Ende das Emblem von Andronicus� Königreich eingraviert war – ein Löwe mit einem Vogel in der Schnauze. Er leuchtet orange, glühend heiß, und während die anderen McCloud festhielten, senkte der Mann das Brandeisen auf seine glattrasierte Wange herab.

„NEIN!“, schrie McCloud.

Doch es war zu spät. Ein fürchterlicher Schrei hallte durch das Schloss, begleitet von einem zischenden Geräusch und dem Geruch von verbranntem Fleisch. Andronicus beobachtete mit großer Freude, wie sich das Brandeisen tiefer und tiefer in das Fleisch von McClouds Wange brannte. Das Zischen wurde lauter und McClouds Schreie fast unerträglich.

Schließlich, nach zehn endlosen Sekunden, ließen sie McCloud fallen. McCloud sackte zu Boden, bewusstlos, sabbernd, und Rauch stieg von seinem Gesicht auf. Auf seiner Wange prangte nun, für immer eingebrannt, Andronicus� Emblem.

Andronicus lehnte sich vor, sah auf den bewusstlosen McCloud herab und bewunderte das Werk.

„Willkommen im Empire!“




KAPITEL ZWEI


Erec stand auf dem Hügel am Rand des Waldes und sah zu, wie sich die kleine Armee ihm näherte, und sein Herz brannte. Für Tage wie diesen lebte er. In manchen Kämpfen verwischte die Grenze zwischen Recht und Unrecht – doch nicht heute. Der Lord von Baluster hatte schamlos seine Braut gestohlen und war zudem überheblich und uneinsichtig gewesen. Er hatte ihn auf sein Verbrechen hingewiesen, hatte ihm eine Gelegenheit gegeben es richtigzustellen, doch er hatte sich geweigert, seine Fehler zu korrigieren. Er hatte sich sein Leiden selbst zuzuschreiben. Und seine Männer hätten sich besser heraushalten sollen – besonders jetzt, nachdem er ohnehin tot war.

Doch sie ritten, hunderte von ihnen, bezahlte Söldner eines rangniedrigen Lords – und alle waren sie erpicht darauf, Erec zu töten, nur weil sie einmal von diesem Mann bezahlt worden waren.

Sie stürmten in ihren glänzenden grünen Rüstungen auf ihn zu, und als sie sich näherten, brachen sie in wildes Kriegsgeschrei aus.

Als ob ihn das erschrecken wГјrde.

Erec hatte keine Angst. Er hatte zu viele Kämpfe wie diesen gesehen. Wenn er eines in den Jahren seiner Ausbildung gelernt hatte, dann war es sich niemals zu Fürchten, wenn man auf der Seite der Gerechtigkeit stand. Gerechtigkeit, das hatte man ihn gelehrt, mag sich vielleicht nicht immer durchsetzen – aber sie gab ihrem Verteidiger die Stärke von zehn Männern.

Es war nicht Angst, die Erec spürte als er zusah wie sich ihm hunderte von Männern näherten, wissend, dass er an diesem Tag mit großer Wahrscheinlichkeit sterben würde. Es war Erwartung. Ihm war die Gelegenheit gegeben worden, sich seinem Tod in der wohl ehrenhaftesten Weise zu stellen, und das war ein Geschenk. Er hatte einen Schwur der Ehre abgelegt, und heute verlangte der Schwur seinen Beitrag.

Erec zog sein Schwert und stürmte zu Fuß den Hügel hinab, auf die Armee zu, während sie auf ihn zuritten. In diesem Augenblick wünschte er sich mehr denn je sein treues Pferd, Warkfin, bei sich zu haben, um auf ihm in den Kampf zu reiten – doch er spürte ein Gefühl des Friedens da er wusste, dass Warkfin Alistair zurück nach Savaria in die Sicherheit des Hofes des Barons brachte.

Als er den Kriegern näher kam und nur noch knapp fünfzig Meter weit weg war, beschleunigte er seinen Schritt und stürmte auf den Anführer in ihrer Mitte zu. Sie verlangsamten ihren Schritt genauso wenig wie er, und er bereitete sich auf den Zusammenstoß vor.

Erec wusste, dass er einen Vorteil hatte: Drei hundert Männer konnten ihn physisch nicht auf gleichzeitig angreifen; er wusste aus seinem Training, dass höchstens sechs Mann zu Pferde gleichzeitig einen Mann angreifen konnten. So wie Erec das sah bedeutete das für ihn, dass die Quote nicht dreihundert zu eins, sondern nur sechs zu eins stand. So lange er immer wieder die sechs Männer vor sich töten konnte, hatte er eine Chance zu siegen. Es blieb nur die Frage, ob er genug Ausdauer würde aufbringen können, um das durchzuhalten.

Erec lief den Hügel hinunter und zog die Waffe von der er wusste, dass sie ihm den besten Dienst erweisen würde vom Gürtel. Es war ein Kriegsflegel mit einer zehn Meter langen Kette an dessen Ende sich eine gespickte Eisenkugel befand. Es war eine Waffe, die dazu bestimmt war, auf der Straße einen Falle zu stellen – oder für Situationen wie diese.

Erec wartete bis zum letzten Moment, bis der Armee keine Möglichkeit zu reagieren blieb, schwang den Kriegsflegel hoch über seinem Kopf und schleuderte ihn über das Schlachtfeld. Er zielte auf einen kleinen Baum und die Kette spannte sich als sich die Eisenkugel darum wickelte. Erec duckte sich und rollte sich auf dem Boden ab, um den Speeren auszuweichen, die sie nach ihm geworfen hatten und hielt den Schaft des Flegels mit aller Kraft fest.

Sein Timing war perfekt: der Armee blieb keine Zeit zu reagieren. Sie sahen die Kette in letzter Sekunde und versuchten, ihre Pferde herumzureiГџen. Doch sie waren zu schnell und schon zu nah.

Die gesamte vordere Reihe rannte hinein, die ebenfalls gespickte Kette schnitt tief in die Beine der Pferde und schickte ihre Reiter kopfГјber zu Boden und die Pferde stГјrzten auf sie. Duzende von ihnen wurden im Chaos zerquetscht.

Doch Erec hatte keine Zeit stolz zu sein auf das Chaos und den Schaden, den er angerichtet hatte: eine andere Welle näherte sich schnell und stürzte sich mit lautem Kriegsgeschrei auf ihn. Erec stand auf, um sich ihnen zu stellen.

Als ihr Anführer einen Wurfspeer hob, machte Erec seine Not zur Tugend: Er hatte kein Pferd und er konnte den Männern nicht auf gleicher Höhe begegnen, doch da er so dicht am Boden war, konnte er diesen nutzen. Erec tauchte plötzlich zu Boden, rollte sich ab und durchtrennte die Sehnen des Pferdes des Anführers. Das Pferd bäumte sich auf und sein Reiter viel mit dem Gesicht voran in den Dreck, bevor er die Gelegenheit hatte, seine Waffe auf den Weg zu schicken.

Erec rollte weiter und es gelang ihm, den trampelnden Hufen der Pferde um ihn herum auszuweichen, die dem gestürzten Pferd ausweichen mussten. Vielen gelang es nicht, und sie stolperten über das tote Tier, und ein Dutzend weiterer Pferde stürzten und wirbelten eine riesige Staubwolke auf während sie eine Blockade verursachten. Das war genau das, worauf Erec gehofft hatte: Staub und Durcheinander, und dutzende weitere stürzten zu Boden.

Erec sprang wieder auf die FГјГџe, hob sein Schwert und wehrte damit das Schwert eines Angreifers ab, das auf seinen Kopf zu sauste. Er fuhr herum und blockte einen Speer, dann eine Lanze, dann eine Axt. Er wehrte einen Schlag nach dem anderen ab, die von allen Seiten auf ihn auf ihn eindroschen. Doch er wusste, dass er das nicht ewig schaffen konnte. Er musste zum Angriff Гјbergehen, wenn er auch nur die Spur einer Chance haben wollte.

Erec rollte sich ab, kniete sich hin und schleuderte sein Schwert als ob es ein Speer gewesen wäre. Es flog durch die Luft und in die Brust des Angreifers, der ihm am nächsten war; mit weit aufgerissen Augen rutschte er seitlich vom Pferd und war tot. Erec ergriff die Gelegenheit, sprang auf das Pferd des Mannes und griff dessen Morgenstern. Es war ein feiner Morgenstern, und Erec hatte ihn aus diesem Grund ausgesucht; er hatte einen langen silberbesetzten Schaft und eine fast zwei Meter lange Kette mit drei Eisenkugeln am Ende.

Erec holte aus und schwang ihn über seinen Kopf, wobei er mehreren seiner Feinde gleichzeitig die Waffen aus den Händen schlug und sie dabei von ihren Pferden warf.

Erec betrachtete das Schlachtfeld und sah, dass er bereits beachtlichen Schaden angerichtet hatte. Beinahe einhundert Ritter waren am Boden. Doch die anderen, gut zweihundert Mann, formierten sich neu – und sie schienen zu allem entschlossen zu sein.

Erec ritt ihnen entgegen, ein Mann gegen zweihundert, und brach selbst in wildes Kriegsgeschrei aus, schleuderte seinen Morgenstern immer weiter und betet zu Gott, dass seine Kräfte weiterdurchhalten mochten.



*



Alistair weinte, als sie sich mit aller Kraft an Warkfin festhielt. Das Pferd ritt im Galopp und brachte sie auf der wohlbekannten Straße nach Savaria. Sie hatte geschrien und das Tier die gesamte Zeit über getreten und nichts unversucht gelassen, um ihn zum Umkehren zu bewegen und zu Erec zurückzureiten. Aber er wollte nicht hören. Sie war noch nie einem Pferd wie ihm begegnet – er hörte unbeirrbar auf das Wort seines Herrn und ließ sich durch nichts erschüttern.

Ganz klar würde er sie nach Savaria bringe, dorthin wo Erec es ihm befohlen hatte – und schließlich sah sie ein, dass nichts dagegen tun konnte.

Alistair hatte gemischte Gefühle, als sie zurück durch die Stadttore ritt, in eine Stadt in der sie lange Zeit als Schuldmagd gelebt hatte. Einerseits fühlte es sich vertraut an – doch auf der anderen Seite brachte es Erinnerungen an den Gastwirt, der sie geschunden hatte wieder hoch, an alles, was falsch war an diesem Ort. Sie hatte sich so sehr darauf gefreut, hier ihr Leben mit Erec neu zu beginnen.

Während sie sich einerseits innerhalb der Stadtmauern sicher fühlte, quälte sie gleichzeitig eine böse Vorahnung in Bezug auf Erec, der sich da draußen alleine einer ganzen Armee gegenüberstellte. Der Gedanke daran bereitete ihr Übelkeit.

Als sie bemerkte, dass Warkfin nicht umkehren würde, erkannte sie, dass das nächstbeste, was sie tun konnte war, Hilfe für Erec zu holen.

Erec hatte sie gebeten, hier zu bleiben, in der Sicherheit der Stadtmauern – aber das wäre das letzte, was sie tun würde. Sie war schließlich die Tochter eines Königs, und sie war niemand der vor Angst oder einer Konfrontation davonlief. Erec hatte in ihr einen ebenbürtigen Partner gefunden: sie war edel und genauso entschlossen wie er. Sie würde sich selbst nicht mehr in die Augen schauen können falls ihm da draußen irgendetwas zustoßen sollte.

Sie kannte die Stadt gut und lenkte Warkfin geradewegs auf das Schloss des Barons zu – und nun, da sie innerhalb der Stadtmauern waren, gehorchte das Tier. Sie ritt zum Eingang des Schlosses, stieg ab und rannte an den Wachen vorbei, die versuchten, sie aufzuhalten.

Sie riss sich von ihnen los und rannte die marmornen Flure hinunter, die sie als Dienerin so gut kennengelernt hatte.

Alistair steckte ihren Kopf zwischen die Türen des riesigen Wohngebäudes, öffnete sie mit lautem Krachen und stürzte in die privaten Gemächer des Barons. Mehrere Angehörige des Rates wandten sich um und sahen sie an. Sie alle trugen die königlichen Roben und der Baron saß mitten unter ihnen umringt von einigen seiner Ritter. Alle hatten einen erstaunten Ausdruck auf dem Gesicht; sie musste sie bei etwas Wichtigem gestört haben.

„Wer bist du, Weib?“, rief einer.

„Wer wagt es, die AmtsgeschГ¤fte des Barons zu stГ¶ren?“, schrie ein anderer.

„Ich kenne diese Frau.“, sagte der Baron und stand auf.

„Ich auch.“, sagte Brandt, den sie als Erecs Freund erkannte. „Das ist Alistair, Erecs neue Gemahlin, nicht wahr?“

Sie rannte tränenüberströmt zu ihm hin und ergriff seine Hände.

„Bitte Mylord, helft mir. Es geht um Erec!“

„Was ist passiert?“, fragte der Baron beunruhigt.

„Er ist in groГџer Gefahr. In diesem Augenblick steht er alleine einer feindlichen Armee gegenГјber! Er hat mich nicht an seiner Seite bleiben lassen. Bitte! Er braucht Hilfe!“

Ohne ein weiteres Wort sprangen die Ritter auf und liefen aus dem Saal, nicht einer zögerte; sie wandte sich um und folgte ihnen.

„Bleibt hier!“, rief Brandt.

„Niemals!“, sagte sie und rannte hinter ihm her. „Ich werde Euch zu ihm fГјhren.“

Sie liefen die Korridore hinunter, aus dem Schloss heraus und zu einer Gruppe von wartenden Pferden. Jeder sprang ohne auch nur einen Moment zu zögern auf eines der Pferde. Alistair sprang auf Warkfin und ritt los, bemüht, mit den anderen mitzuhalten.

Als sie über den Hof ritten, schlossen sich ihnen Krieger aus allen Richtungen an – und als sie Savaria verließen, wurden sie von einem stets wachsenden Kontingent von mindestens einhundert Mann begleitet. Allen voran ritt Alistair mit Brandt und dem Baron an ihrer Seite.

„Wenn Erec herausfindet, dass ich Euch erlaubt habe mit uns zu reiten, wird mir das den Kopf kosten.“, sagte Brandt, wГ¤hrend er neben ihr her ritt. „Bitte sagt uns einfach wo er ist, Mylady“

Doch Alistair schüttelte hartnäckig den Kopf, wischte sich die letzten Tränen vom Gesicht und ritt schneller, begleitet vom Donnern der Hufe.

„Ich wГјrde lieber sterben, als Erec im Stich zu lassen!“




KAPITEL DREI


Thor ritt vorsichtig über den Waldweg, Reece, O’Connor, Elden und die Zwillinge auf ihren Pferden neben ihm, Krohn ebenfalls auf seinen Fersen, als sie aus dem Wald auf der anderen Seite des Canyons herauskamen. Thor’s Herz schlug schneller vor gespannter Erwartung als sie endlich die Grenze des dichten Waldes erreichten. Er hob seine Hand, bedeutete den anderen zu schweigen und sie blieben neben ihm stehen.

Thor sah sich um und betrachtete den Strand, den Himmel, und dahinter das riesige gelbe Meer, über das sie in die Fernen Länder des Empire reisen würden. Das Tartuvianische Meer. Thor hatte die Gewässer seit ihrer Reise zu den Hundert nicht mehr gesehen, und es fühlte sich seltsam an, wieder hier zu sein – diese Mal mit einer Mission, die das Schicksal des gesamten Rings entscheiden würde.

Nachdem sie die Brücke über den Canyon überquert hatten, war ihr kurzer Ritt durch die Wildnis des Waldes ereignislos verlaufen. Thor hatte von Kolk und Brom die Anweisung erhalten, nach einem kleinen Schiff Ausschau zu halten, das am Ufer des Tartuvianischen Meers vertäut sein sollte, sorgfältig versteckt unter den Ästen eines gewaltigen Baumes, der über das Wasser ragte. Thor folgte den Anweisungen genau, und als sie die Grenze des Waldes erreichten, entdeckte er das Schiff, wohl versteckt und bereit, sie dorthin zu bringen, wo sie hin mussten. Er war erleichtert. Doch dann sah er sechs Krieger des Empire, die vor dem Schiff standen und es inspizierten, während es sanft in den Wellen der Brandung schaukelte. Ein weiterer Krieger war an Bord geklettert. Dabei sollte das Schiff gut versteckt und niemand hier sein.

Das war ein unglücklicher Zufall. Als Thor gen Horizont blickte, sah er in der Ferne die Konturen von etwas das aussah wie die gesamte Flotte des Empire, tausende von schwarzen Schiffen mit der schwarzen Flagge des Empire. Glücklicherweise segelten sie nicht auf Thor zu, sondern nahmen den langen kreisförmigen Kurs, der sie um den Ring herum auf die Seite der McClouds bringen würde, wo andere Teile der Truppen bereits den Canyon überquert hatten. Glücklicher Weise befanden sie sich also auf einem anderen Kurs. Mit Ausnahme dieser Patrouille. Diese sechs Empire Krieger, wahrscheinlich Kundschafter auf einer Routine-Mission, mussten irgendwie über dieses Schiff der Legion gestolpert sein. Das war schlechtes Timing. Wenn Thor und die anderen die Küste ein paar Minuten früher erreicht hätten, wären sie wahrscheinlich schon an Bord und auf dem Weg auf das offene Meer. Jetzt gab es keinen Weg eine Konfrontation zu vermeiden. Thor ließ den Blick den Strand entlang schweifen und sah keine weiteren Empire-Truppen. Wenigstens das war zu ihren Gunsten. Es war wahrscheinlich ein einzelner Trupp auf einer Patrouille.

„Ich dachte, das Boot sollte gut versteckt sein?“, sagte O’Connor.

„Offensichtlich nicht gut genug.“, bemerkte Elden.

Die Sechs saГџen auf ihren Pferden und fixierten die Gruppe von Kriegern.

„Es wird nicht lange dauern bis sie die Truppe alarmieren“, beobachtete Conven.

„Und dann haben wir ein echtes Problem.“, ergГ¤nzte Conval.

Thor wusste, dass sie Recht hatte. Und das war kein Risiko, das sie eingehen konnten.

„O’Connor.“, sagte Thor. „Deine Zielgenauigkeit ist von uns allen am besten. Ich habe gesehen, wie du aus fГјnfzig Metern Entfernung noch genau triffst. Siehst du den Mann mit dem Bogen? Wir haben genau eine Chance. Kannst du ihn ausschalten?“

O’Connor nickte ernst und ließ die Krieger des Empire dabei nicht aus den Augen. Er griff über seine Schulter, hob den Bogen, legte einen Pfeil an und war bereit zum Schuss.

Alle sahen Thor an und er fГјhlte sich bereit, sie anzufГјhren.

„O’Connor, auf mein Signal hin schieГџ. Dann werden wir uns auf die anderen stГјrzen. Ihr anderen, verwendet eure Wurfwaffen sobald wir nah genug sind. Doch versucht zuerst so nah wie mГ¶glich zu kommen.“

Thor gab mit der Hand ein Zeichen und O’Connor ließ die Sehne los.

Der Pfeil flog mit einem zischenden Geräusch durch die Luft. Es war ein perfekter Schuss. Die Metallspitze bohrte sich mitten durch das Herz des Empire Kriegers mit dem Bogen. Er stand da und für einen Moment weiteten sich seine Augen, als könnte er nicht verstehen, was gerade geschah, um dann plötzlich mit weit ausgestreckten Armen – Gesicht voran – vor die Füße der anderen Krieger zu fallen und den Sand rot zu färben.

Thor und die anderen stürzten los. Wie eine gut geölte Maschine waren sie vollkommen aufeinander abgestimmt. Der Klang der Hufe ihrer Pferde verriet sie und die sechs verblieben Krieger fuhren erschrocken herum. Sie sprangen ihrerseits auf ihre Pferde und kamen ihnen entgegen.

Thor und seine Freunde hatten immer noch den Vorteil des Гњberraschungsangriffs.

Thor holte aus, schleuderte einen Stein mit seiner Schleuder und traf einen seiner Gegner aus gut zwanzig Metern Entfernung an der Schläfe, als dieser gerade dabei war, aufzusitzen. Die Zügel immer noch in der Hand fiel er tot zu Boden.

Als sie näher kamen, war Reece seine Axt, Elden seinen Speer und die Zwillinge ihre Dolche. Der Sand war uneben und die Pferde rutschten, was es schwieriger machte als sonst, die Waffen zu werfen. Reeces Axt fand ihr Ziel und tötete einen der Krieger, während die anderen ihr Ziel verfehlten. Damit blieben vier Gegner übrig. Der Anführer löste sich von der Gruppe und stürzte sich direkt auf Reece, der nun unbewaffnet war. Er hatte seine Axt geworfen und noch keine Zeit gehabt, sein Schwert zu ziehen. Reece wappnete sich und in letzter Sekunde sprang Krohn vor, biss sich im Bein des Pferdes des Anführers fest und brachte es mitsamt Reiter zu Fall, was Reece im letzten Moment rettete. Reece zog sein Schwert und landete einen tödlichen Hieb bevor sich sein Gegner wieder aufrappeln konnte.

Damit waren es noch drei Gegner. Einer griff Elden mit einer Axt an, die er nach seinem Kopf schwang; Elden blockte sie mit seinem Schild und in der gleichen Bewegung schwang er sein Schwert und schlug den Griff der Axt entzwei. Dann schwang Elden seinen Schild herum, traf den Angreifer am Kopf und schickte ihn damit vom Pferd.

Ein anderer Krieger zog einen Morgenstern von seinem Gürtel und schwang die lange Kette. Die gespickte Eisenkugel drosch in Richtung O’Connors. Es geschah so schnell, dass diesem keine Zeit blieb zu reagieren.

Thor jedoch hatte es kommen sehen, sprang mit hoch erhobenem Schwert an die Seite seines Freundes und durchtrennte die Kette gerade noch rechtzeitig, bevor die Kugel O’Connor treffen konnte. Er hörte den Klang seines Schwertes wie es das Eisen der Kette durchtrennte und staunte, wie scharf sein neues Schwert war.

Die gespickte Eisenkugel fiel harmlos in den Sand. Conval kam hinzu und erstach den Krieger mit seinem Speer, bevor er eine andere Waffe ziehen konnte.

Der letzte Krieger der Empire Patrouille sah sich zahlenmäßig weit unterlegen und mit Angst in den Augen drehte er sein Pferd um, stürmte den Strand entlang in entgegengesetzter Richtung und hinterließ dabei tiefe Hufabdrücke im Sand.

Alle hatten nur das eine Ziel, den Krieger zu stellen: Thor schleuderte einen Stein mit seiner Schleuder, O’Connor hob seinen Bogen und schoss und Reece warf einen Speer. Doch auf dem rutschigen Sandboden ritt der Krieger zu unberechenbar und alle verfehlten ihr Ziel.

Elden zog sein Schwert und Thor konnte sehen, dass er im Begriff war, hinter ihm herzujagen. Thor hielt seine Hand hoch und signalisierte ihm zu warten.

„Nein!“, rief Thor.

Elden drehte sich um und sah ihn an.

„Aber wenn er das hier Гјberlebt, wird er andere auf uns hetzen!“, protestierte Elden.

Thor drehte sich um und sah das Boot an, und er wusste, dass es kostbare Zeit kosten würde, ihn zu fangen – Zeit, die sie nicht hatten.

„Das Empire wird uns sowieso verfolgen“, sagte Thor. „Wir haben keine Zeit zu verlieren. Es kommt jetzt darauf an, dass wir so schnell wie mГ¶glich weit von hier weg kommen. Zum Schiff!“

Sie stiegen ab und als sie das Schiff erreichten, griff Thor in seine Satteltaschen und begann, alles, was er an Proviant dabei hatte auszuräumen, und die anderen taten es ihm nach. Sie luden Waffen und Säcke mit Essen und Wasser an Bord. Niemand konnte abschätzen, wie lange ihre Reise dauern würde, wie lange es dauern würde, bis sie wieder Land sehen würden – wenn sie jemals wieder Land sehen würden. Thor verlud auch das Futter für Krohn.

Sie warfen die Säcke über die Reling des Schiffs, wo sie mit einem dumpfen Klang auf dem Oberdeck landeten.

Thor griff das dicke, verknotete Tau, das an der Seite herunterhing und testete es. Das grobe Material schnitt ihm in die Finger. Er nahm Krohn über die Schulter – sein Gewicht stellte eine deutliche Herausforderung für seine Muskeln dar – und fing an, am Seil hoch an Bord zu klettern. Krohn winselte in sein Ohr und krallte sich mit seinen scharfen Krallen an Thors Brust fest.

Sobald Thor über die Reling geklettert war, sprang Krohn an Deck – und die anderen folgten ihnen. Thor beugte sich über die Reling und sah zu den Pferden herunter, die am Strand standen und zu ihm hochsahen, als ob sie auf einen Befehl warteten.

„Und was wird aus ihnen?“, fragte Reece, der sich neben ihn gestellt hatte.

Thor sah sich um und betrachtete das Boot. Es war vielleicht 7 Meter lang und halb so breit. Es war groß genug für sie – aber nicht für ihre Pferde. Wenn sie versuchen würden, sie mitzunehmen, dann würden sie womöglich das Deck zertrampeln und das Holz beschädigen. Sie würden sie zurücklassen müssen.

“Wir haben keine Wahl.”, sagte Thor und sah sehnsГјchtig auf sie herab. „Wir werden neue finden mГјssen.“

O’Connor lehnte sich über die Reling.

„Das sind schlaue Pferde.“, sagte O’Connor. „Ich habe sie gut trainiert. Sie werden auf meinen Befehl hin nach Hause zurГјckkehren.“

O’Connor pfiff in einem hohen Ton.

Auf einmal drehten sich alle Pferde um und galoppierten davon, Гјber den Sand und in den Wald hinein, zurГјck in Richtung des Rings.

Thor wandte sich um und sah seine Brüder an, dann das Schiff, dann den Ozean, der vor ihnen Lag. Ohne Pferde gab es keinen Weg zurück mehr, nur nach vorn. Die Realität fand ihren Weg in Thors Bewusstsein. Sie waren wirklich auf sich alleine gestellt. Sie hatten nichts außer diesem Boot, auf dem sie den Ring womöglich für immer verlassen würden. Ein Zurück gab es jetzt nicht mehr.

„Und wie sollen wir das Boot jetzt ins Wasser bekommen?“, wollte Conval wissen und alle blickten 5 Meter auf den Schiffsrumpf hinab. Ein kleiner Teil wurde von den Wellen des Tartuvianischen Meers umspГјlt, doch der größte Teil steckte im Sand fest.

„Hier rГјber!“, sagte Conven.

Sie eilten zur anderen Seite, wo eine dicke Eisenkette Гјber die Reling hing, an deren Ende eine riesige Eisenkugel im Sand lag.

Conven zerrte an der Kette, er stöhnte und mühte sich ab, doch er konnte sie nicht anheben.

„Sie ist zu schwer.“, grunzte er

Conval und Thor griffen mit zu und halfen, und als alle drei gemeinsam an der Kette zogen war Thor Гјberrascht vom Gewicht der Kugel. Sie schafften es nur sie etwas mehr als einen Meter anzuheben und lieГџen sie wieder in den Sand fallen.

„Lasst mich helfen.“, sagte Elden und trat vor.

Elden, der weitaus massiger als alle anderen gebaut war und sie um einiges Гјberragte, griff alleine nach der Kette und schaffte es die Kugel ohne weitere Hilfe anzuheben. Thor war erstaunt. Die anderen griffen mit zu und gemeinsam zogen sie den Anker Zentimeter um Zentimeter nach oben, bis sie ihn endlich Гјber die Reling an Deck wuchten konnte.

Das Boot begann sich zu bewegen. Es rollte ein wenig in den Wellen, doch blieb nach wie vor im Sand stecken.

„Die PfГ¤hle!“, bemerkte Reece.

Thor drehte sich um, sah zwei hölzerne Pfähle, jeder fast sieben Meter lang, die an der Seite des Bootes befestigt waren und erkannte, wozu sie gut waren.

Reece und er griffen einen während Conval und Conven den anderen übernahmen.

„Sobald wir uns abgestoГџen haben“, rief Thor, „setzt ihr die Segel!“

Sie rammten die Pfähle in den Sand und stießen das Boot mit aller Kraft ab; Thor ächzte vor Anstrengung. Langsam Zentimeter um Zentimeter begann sich das Boot zu bewegen. Zur gleichen Zeit liefen Elden und O’Connor zur Mitte des Bootes und zogen an den Seilen um die Segel zu setzen. Eines nach dem anderen. Thor und die anderen drückten und schoben die Pfähle in den Sand und kämpften mit all ihrer Kraft um das Boot aus dem Sand zu frei zu bekommen. Die Segel stiegen höher und begannen, sich im Wind zu blähen. Endlich begann das Boot unter ihnen zu schaukeln und glitt ins Wasser, wo es schwerelos auf den Wellen zu tanzen begann.

Thors Muskeln zitterten vor Anstrengung. Elden und O’Connor hatten alle Segel gesetzt und bald trieben sie auf das offene Meer zu.

Sie alle jubelten vor Freude, als sie die Pfähle wieder an Ort und Stelle verstauten und halfen Elden und O’Connor dabei, die Seile zu sichern. Krohn maunzte aufgeregt neben ihnen. Das Boot trieb ziellos vor sich hin und Thor beeilte sich, das Steuerrad zu besetzen, O’Connor an seiner Seite.

„Willst du das Steuer Гјbernehmen?“, fragte Thor O’Connor.

Der grinste breit. „Liebend gerne!“

Sie nahmen Fahrt auf und kreuzten, den Wind im RГјcken, auf den gelben Wassern des Tartuvianischen Meeres. Thor nahm einen tiefen Atemzug. Endlich waren sie auf dem Weg.

Thor ging an den Bug, wo Reece stand und Krohn drängte sich zwischen sie und lehnte sich an Thors Bein, während Thor anfing, sein weiches weißes Fell zu streicheln. Krohn leckte Thors Hand, und der griff in einen Sack und zog ein Stückchen Fleisch für Krohn heraus, der es ihm dankbar abnahm. Thor blickte auf die weite See vor ihnen. Der ferne Horizont war gesprenkelt mit den schwarzen Schiffen des Empire, die sich sicherlich alle auf dem Weg zur McCloud’schen Seite des Rings befanden. Zum Glück waren sie abgelenkt und konnten unmöglich Ausschau nach einem einsamen Boot halten, das sich in Richtung ihres Reiches bewegte. Der Himmel war klar und sie hatten starken Rückenwind, der ihnen half, weiter an Geschwindigkeit zuzulegen.

Sie hielten Ausschau und fragten sich, was wohl vor ihnen lag. Er fragte sich, wie lange es dauern wГјrde, bis sie wieder Land erreichen wГјrden, das Land des Empire, und was sie dort erwarten wГјrde. Er fragte sich, wie sie das Schwert finden sollten, und wie dieses Abenteuer enden wГјrde. Er wusste, dass die Chancen schlecht standen und doch freute er sich darГјber, endlich auf der Reise zu sein, war glГјcklich, dass sie es bis hierhin geschafft hatten und begierig darauf, das Schwert zurГјck zu holen.

„Was wenn es nicht da ist?“, Reece schien seine Gedanken gelesen zu haben.

Thor sah ihn an.

„Das Schwert.”, fГјgte Reece hinzu. „Was ist, wenn es nicht da ist? Oder verloren? Oder zerstГ¶rt? Oder wenn wir es einfach nicht finden kГ¶nnen? Immerhin ist das Empire ist riesig!“

„Oder was, wenn das Empire herausgefunden hat, wie man es anwendet?“, fragte Elden mit seiner tiefen Stimme.

„Was wenn wir es finden, aber nicht zurГјck bringen kГ¶nnen?“, wollte Conven wissen.

Sie standen da und das, was vor ihnen lag, lastete wie ein Meer unbeantworteter Fragen schwer auf ihren Schultern. Thor wusste, das diese Mission Wahnsinn war.

Blanker Wahnsinn.




KAPITEL VIER


Gareth ging auf den Steinboden des Arbeitszimmers seines Vaters auf und ab – eine kleine Kammer im obersten Stockwerk des Schlosses, die sein Vater sehr geschätzt hatte – und nahm sie Stück für Stück auseinander.

Gareth ging von Bücherregal zu Bücherregal, zerrte wertvolle Bände heraus, uralte ledergebundene Bücher, die seit Generationen im Besitz seiner Familie waren, riss die Einbände herunter und zerriss die Seiten in kleine Stückchen. Wenn er sie in die Luft warf, fielen sie wie Schneeflocken auf seinen Kopf herab, blieben an seinem Körper hängen und am Sabber, der seine Wangen hinunterlief. Er war fest entschlossen, jedes einzelne Buch in dieser Kammer, die sein Vater so sehr geliebt hatte, zu zerreißen – einen Band nach dem anderen.

Gareth ging zum Tisch in der Ecke, griff nach dem Rest seiner Opiumpfeife, und zog mit zitternden Händen fest daran. Er brauchte ihre Wirkung jetzt mehr denn je. Er war abhängig, rauchte sie, wann immer es ging, in der festen Überzeugung, damit die Bilder von seinem Vater, die ihn zunächst in seinen Träumen und nun selbst im Wachzustand verfolgten, vertreiben zu können.

Als Gareth die Pfeife absetzte, sah er seinen Vater als verwesende Leiche vor sich stehen. Jedes Mal war der Leichnam mehr verwest, mehr Skelett als Fleisch; Gareth wandte sich von dem entsetzlichen Anblick ab.

Gareth hatte die Vision sonst immer angegriffen – doch er hatte gelernt, dass das nichts half. Jetzt wandte er einfach seinen Kopf ab, immer wieder, bemüht wegzuschauen. Es war immer das gleiche: Sein Vater trug eine rostige Krone, sein Mund war geöffnet, und seine toten Augen starrten ihn missbilligend an. Dabei zeigte er anklagend mit dem Finger auf ihn. Es war ein furchtbarer Anblick und Gareth fühlte, dass seine Tage gezählt waren, fühlte, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er ihm Gesellschaft leisten würde. Er hasste ihn zu sehen mehr als alles andere. Wenn der Mord an seinem Vater etwas Gutes an sich gehabt hatte, dann war es, dass er sein Gesicht nie wieder würde sehen müssen. Doch ironischer Weise sah er ihn nun mehr denn je. Gareth fuhr herum und warf die Opiumpfeife nach der Erscheinung, in der Hoffnung, sie schnell genug werfen zu können, um ihn vielleicht zu treffen. Doch die Pfeife flog lediglich durch die Luft und zerbrach an der Wand.

Sein Vater stand immer noch da und starrte ihn zornig an.

„Die Drogen werden dir nicht helfen“, schalt sein Vater ihn.

Gareth konnte es nicht länger aushalten. Er stürzte sich auf die Erscheinung, mit ausgestreckten Händen sprang er vor, um das Gesicht seines Vaters zu zerkratzen; doch wie jedes Mal, segelte er durch nichts als Luft und stolperte durch den Raum, dieses Mal um hart auf dem hölzernen Schreibtisch seines Vaters aufzuschlagen und ihn laut polternd umzureißen während er fiel.

Gareth fiel zu Boden, erschöpft und außer Atem und sah, dass er sich den Arm aufgerissen hatte. Blut tropfte von seinem Hemd, und er sah daran herab und stellte fest, dass er immer noch das gleiche Hemd trug, in dem er schon seit Tagen geschlafen hatte. Tatsächlich hatte er es schon seit Wochen nicht mehr gewechselt. Er sah sich im Spiegel und sah wie zerzaus sein Haar war; Er sah wie ein gemeiner Raufbold aus. Ein Teil von ihm konnte kaum glauben, dass er so tief gesunken war. Doch einem anderen Teil war das vollkommen gleich. Das einzige, was in ihm übrig war, war der brennende Wunsch, zu zerstören – und zwar jedes noch so kleine Überbleibsel von allem, was seinen Vater einst ausgemacht hatte. Er hätte am liebsten dieses Schloss dem Erdboden gleich gemacht und ganz King’s Court gleich mit ihm. Es wäre seine Rache für die Behandlung, die er als Kind hatte ertragen müssen. Die Erinnerungen daran stachen ihn wie ein Dorn, den er nicht herausziehen konnte.

Die TГјre zum Arbeitszimmer seines Vaters stand weit offen, und einer von Gareths Dienern kam hereingeeilt und sah Г¤ngstlich auf ihn herab.

„Mein KГ¶nig.“, sagte der Diener, „Ich habe ein lautes Krachen gehГ¶rt. Seid Ihr unverletzt? Mylord! Ihr blutet ja!”

Gareth sah voller Hass zu dem Jungen auf. Er versuchte auf die FГјГџe zu kommen um nach ihm zu schlagen, doch er rutschte auf irgendetwas aus und fiel zu Boden. Er war immer noch desorientiert vom letzten Zug an seiner Opiumpfeife.

„Mein KГ¶nig, ich werde Euch helfen!“

Der Junge griff nach Gareths Arm, der viel zu dГјnn war, kaum mehr als Haut und Knochen. Doch Gareth hatte immer noch Kraft, und als der Junge seinen Arm berГјhrte, stieГџ er ihn weg, und schickte ihn stolpernd auf die gegenГјberliegende Seite der Kammer.

„Wage es, mich noch einmal anzufassen, und ich werde dir die HГ¤nde abhacken!“ zischte Gareth. Der Junge zog sich Г¤ngstlich zurГјck, und wГ¤hrend er das tat, betrat ein weiterer Diener den Raum, begleitet von einem Г¤lteren Mann, den Gareth vage kannte. Irgendwoher kannte er ihn – doch er konnte ihn nicht zuordnen.

„Mein KГ¶nig“, hГ¶rte er eine alte, harsche Stimme sagen. „Wir haben auf Euch den halben Tag lang in der Ratskammer gewartet. Die Ratsmitglieder kГ¶nnen nicht lГ¤nger warten. Es gibt dringende Neuigkeiten, die sie mit euch teilen mГјssen, bevor der Tag vorГјber ist. Kommt Ihr?“

Gareth kniff die Augen zusammen, versuchte zu erkennen, wer er war. Er erinnerte sich schwach daran, dass er seinem Vater gedient hatte. Die Ratskammer… Die Sitzung… Alles schwirrte in seinem Kopf.

„Wer bist du?“, fragte Gareth.

„Mein KГ¶nig, ich bin Aberthol. Der vertraute Berater Eures Vaters.“, sagte er und kam nГ¤her.

Langsam erinnerte er sich. Aberthol. Der Rat. Die Sitzung. Gareths Gedanken drehten sich, sein Kopf schmerzte. Er wollte am liebsten alleine sein.

„Verlasst mich!“, fauchte er. „Ich werde kommen.“

Aberthol nickte, verlieГџ zusammen mit dem Diener eilig die Kammer und schloss die TГјre hinter sich.

Gareth kniete da, hielt den Kopf in seine Hände gestützt und versuchte zu denken, sich zu erinnern. Es war alles so viel. Stück für Stück kamen seine Erinnerungen zurück. Der Schild war zusammengebrochen; das Empire griff an; die Hälfte seines Hofes hatte ihn verlassen; seine Schwester hatte sie weggeführt; nach Silesia… Gwendolyn… Das war es. Das war es, woran er sich versucht hatte zu erinnern.

Gwendolyn. Er hasste sie mit einer Leidenschaft, die er nicht in Worte fassen konnte. Er wollte sie töten. Jetzt noch mehr als zuvor. Er musste sie töten. Alle seine Probleme kamen von ihr. Er würde einen Weg finden, sie zurückzubringen, selbst wenn er beim dem Versuch sterben sollte. Und danach würde er seine anderen Geschwister umbringen.

Bei diesem Gedanken begann Gareth, sich besser zu fГјhlen.

Mit größter Anstrengung gelang es ihm aufzustehen und quer durch die Kammer zu stolpern, wobei er einen Beistelltisch umwarf. Als er sich der Türe näherte, entdeckte er die Alabaster-Büste seines Vaters, eine Skulptur, die sein Vater sehr gemocht hatte. Er griff sie beim Kopf und schmetterte sie gegen die Wand. Sie zerbrach in tausend Scherben und zum ersten Mal an diesem Tag lächelte Gareth. Vielleicht würde es doch kein allzu schlechter Tag werden.

*



Gareth riss die riesigen EichenholztГјren auf und stolzierte flankiert von mehreren Dienern in die Ratskammer, was jeden der Anwesenden sofort aufspringen lieГџ. Alle nahmen Haltung an.

Während das Gareth normalerweise ein gewisses Gefühl der Zufriedenheit hab, war ihm das an diesem Tag mehr als egal. Er wurde vom Geist seines Vaters geplagt und war voller Zorn darüber, dass seine Schwester gegangen war. Seine Gefühle wirbelten in seinem Kopf und er wollte es an der ganzen Welt auslassen.

Gareth strauchelte in seinem Opiumrausch durch die riesige Kammer, und kam an den dutzenden von Ratsmitgliedern vorbei als er auf seinen Thron zu stolperte. Sein Hofstaat war gewachsen und heute war und heute surrte er förmlich vor hektischer Energie, da mehr und mehr Menschen aufgrund der Nachricht vom Aufbruch des halben Hofes und dem zusammengebrochenen Schild herbei strömten. Es war als ob wer auch immer noch in King’s Court verblieben war herbei strömte, um Antworten zu finden.

Und natГјrlich hatte Gareth keine.

Als Gareth die Elfenbeinstufen zum Thron seines Vaters hinaufstieg sah er, wie Lord Kultin, der Anführer seiner privaten Söldnertruppe, der einzige Mann, dem er an seinem Hof noch vertrauen konnte, geduldig dahinter stand und auf ihn wartete. Neben ihm standen dutzende seiner Krieger. Sie standen alle stumm mit der Hand auf dem Schwertknauf da, bereit bis zum Tode für Gareth zu kämpfen. Das war die einzige Sache, die Gareth noch Trost bereitete.

Gareth nahm auf seinem Thron platz und betrachtete den Raum. Da waren so viele Gesichter. Einige erkannte er, die meisten jedoch nicht. Er vertraute keinem von ihnen. Jeden Tag eliminierte er mehr von ihnen aus seinem Hofstaat; er hatte schon so viele in die Kerker werfen lassen und noch mehr vor den Henker. Nicht ein Tag verging, an dem er nicht zumindest eine Handvoll Männer töten ließ. Er war überzeugt davon, dass das eine gute Strategie war: es hielt die Männer auf Trab und verhinderte, dass sich ein Coup formieren konnte.

Stille legte sich über den Raum und die Männer sahen ihn erwartungsvoll an. Sie alle sahen viel zu verängstigt aus, um zu sprechen. Was genau das war, was er wollte. Nichts bereitete ihm mehr Freude als seinen Untergebenen Angst einzuflößen.

Schließlich trat Aberthol vor und räusperte sich. Das Klappern seines Stabes hallte vom Stein wider.

„Mein KГ¶nig.“, begann er mit seiner alten Stimme. „Wir stehen einer Zeit groГџer Verwirrung in King’s Court gegenГјber. Ich weiГџ nicht, ob die Nachricht Euch bereits erreicht hat: der Schild ist zusammengebrochen; Gwendolyn hat King’s Court verlassen und Kolk, Brom, Kendrick, Atme, die Silver, die Legion und die HГ¤lfte Eurer Armee mitgenommen, zusammen mit der HГ¤lfte Eures Hofes. Die die hier verblieben sind, sehen zu Euch auf in der Hoffnung auf FГјhrung, und wollen wissen, was Euer nГ¤chster Schritt sein wird. Eure Leute brauchen Antworten, Mein KГ¶nig.“

„Vielmehr noch“, sagte ein anderes Ratsmitglied den Gareth vage erkannte, „hat uns die Nachricht erreicht, dass der Canyon bereits Гјberwunden worden ist. Es geht das GerГјcht um, dass Andronicus mit einer Armee von einer Million Mann in die McCloud’sche Seite des Rings einmarschiert ist.“

Empörtes Keuchen war überall im Raum zu hören; dutzende von tapferen Kriegern flüsterten untereinander, überwältigt von Angst, und der Zustand der Panik griff wie ein Lauffeuer um sich.

„Das kann nicht wahr sein!“, rief einer der Krieger.

„Doch, das ist es!“, beharrte das Ratsmitglied.

„Dann besteht keine Hoffnung mehr.“, rief ein anderer Krieger. „Wenn die McClouds Гјberrannt worden sind, dann wird sich das Empire King’s Court als nГ¤chstes vornehmen. Und wir haben nichts, womit wir sie aufhalten kГ¶nnten.“

„Wir mГјssen die Bedingungen unserer Kapitulation diskutieren, mein KГ¶nig!“, drГ¤ngte Aberthol Gareth.

„Kapitulation?!“, schrie ein anderer. „Wir werden niemals kapitulieren!“

„Wenn wir das nicht tun“, schrie ein anderer Krieger zurГјck, „dann werden sie uns zerquetschen. Wie sollen wir gegen eine Million Mann bestehen?“

Aufgebrachtes Gemurmel brach aus, als die Krieger und Ratsmitglieder miteinander ohne jegliche Form und Ordnung stritten.

Der Sprecher des Rates schlug mehrmals mit seinem eisernen Stab auf den Boden und schrie:

„RUHE!“

Langsam beruhigte sich der Raum wieder. Alle Männer wandten sich ihm zu.

„Dies ist die Entscheidung des KГ¶nigs und nicht unsere.“, sagte einer der Ratsmitglieder. „Gareth ist der rechtmäßige KГ¶nig und es steht uns nicht zu, die Bedingungen der Kapitulation zu diskutieren – oder ob wir Гјberhaupt kapitulieren sollten.“

Sie wandten sich Gareth zu.

„Mein KГ¶nig.“, wiederholte Aberthol und klang erschГ¶pft. „Was schlagt Ihr vor? Wie sollen wir mit der Armee des Empire umgehen?“

Es wurde totenstill im Raum.

Gareth saß da, starrte auf die Männer herab und wollte antworten. Doch es fiel ihm immer schwerer einen klaren Gedanken zu fassen. Er hörte immer wieder die Stimme seines Vaters, die ihn anschrie, als ob er ein Kind wäre. Es machte ihn wahnsinnig, und er konnte die Stimme nicht loswerden.

Gareth kratzte über die hölzerne Armlehne seines Thrones, wieder und wieder. Der Klang seiner Fingernägel, die über das Holz kratzten, war das einzige Geräusch im Raum.

Die Ratsmitglieder tauschten besorgte Blicke aus.

„Mein KГ¶nig.“, schlug ein anderes Ratsmitglied vor. „Wenn Ihr Euch entscheiden solltet, nicht zu kapitulieren, mГјssen wir sofort damit anfangen, die Mauern von King’s Court zu verstГ¤rken. Wir mГјssen alle ZugГ¤nge, alle StraГџen und alle Tore sichern. Wir mГјssen alle Krieger einberufen, die Verteidigung vorbereiten. Wir mГјssen uns auf eine Belagerung einstellen, Essen rationieren und unsere BГјrger beschГјtzen. Es gibt viel zu tun. Bitte, mein KГ¶nig! Gebt uns Euren Befehl. Sagt uns, was zu tun ist.“

Erneut breitete sich Stille im Raum aus, während alle Augen auf Gareth gerichtet waren.

Endlich hob Gareth sein Kinn und stierte geradeaus.

„Wir werden nicht gegen das Empire kГ¤mpfen“, erklГ¤rte er, „noch werden wir aufgeben.“

Alle im Raum versammelten Männer sahen sich verwirrt an.

„Dann sagt uns, was wir tun sollen, Mein KГ¶nig!“, bat Aberthol.

Gareth räusperte sich.

„Wir werden Gwendolyn tГ¶ten!“, verkГјndete er. „Das ist alles, was im Augenblick wichtig ist.“

Eine betretene Stille folgte.

„Gwendolyn?“, rief ein Ratsmitglied Гјberrascht aus und erneut erhob sich Gemurmel im Raum.

„Wir werden ihr alle unsere Truppen hinterherschicke, um sie und die, die mit ihr gegangen sind abzuschlachten, bevor sie Silesia erreichen.“, verkГјndete Gareth.

„Aber Mein KГ¶nig!“ rief ein anderes Ratsmitglied. „Wie soll uns das helfen? Wenn wir ausziehen, um sie anzugreifen, werden unsere Truppen ungeschГјtzt sein! Sie wГјrden vom Empire umzingelt und niedergemetzelt werden.“

„Es wГјrde auГџerdem King’s Court der Gefahr eines Angriffs aussetzen.“, rief ein andere. : Wenn wir nicht kapitulieren, dann mГјssen wir King’s Court sofort verstГ¤rken!“

Zustimmende Rufe wurden laut.

Gareth wandte sich dem Ratsmitglied zu und sah ihn mit kalten Augen an.

„Wir werden jeden einzelnen Mann den wir haben dazu verwenden, meine Schwester zu tГ¶ten!“, sagte er finster. „Wir werden nicht einen einzigen schonen.“

Der Raum wurde schlagartig still, als das Ratsmitglied seinen Stuhl mit einem laut kratzenden Geräusch zurückschob und aufstand.

„Ich werde nicht mitansehen, wie King’s Court wegen Eurer persГ¶nlichen Obsession zugrunde gerichtet wird. Ich fГјr meinen Teil werde Euch nicht unterstГјtzen!“

„Ich auch nicht!“, echote die HГ¤lfte der MГ¤nner im Raum.

Gareth schäumte vor Wut und wollte gerade aufstehen, als die Türen der Ratskammer mit lautem Krachen aufgeschlagen wurden und der Kommandant von dem, was von seiner Armee übrig geblieben war, hereinstürmte.

Alle Augen richteten sich auf ihn. Er schleifte einen Mann hinter sich her, einen Raufbold mit fettigen Haaren, unrasiert und an den Händen gefesselt. Er schleifte den Mann in die Mitte des Raumes und blieb vor dem König stehen.

„Mein KГ¶nig.“, sagte der Kommandant kalt. „Von den MГ¤nnern, die ihr wegen des Diebstahls des Schwertes des Schicksals habt hinrichten lassen ist dies der siebente, der Mann, der entkommen konnte. Er hat eine unglaubliche Geschichte darГјber, was geschehen ist, zu erzГ¤hlen.

„Rede!“, schrie der Kommandant und stieГџ ihn an.

Der Raufbold sah sich nervös um, sein fettiges Haar klebte an seinen Wangen und er sah unsicher aus. Endlich rief er.

„Uns wurde befohlen, das Schwert zu stehlen!“

Empörtes Gemurmel brach aus.

„Wir waren neunzehn Mann.“, fuhr er fort. „Ein Dutzend um es im Schutz der Dunkelheit fortzuschaffen, Гјber die BrГјcke Гјber den Canyon und in die Wildnis. Sie haben es in einem Wagen versteckt Гјber die BrГјcke gebracht, sodass die Krieger, die Wache standen nicht wissen konnten, was da Гјber die BrГјcke gebracht wurde. Den anderen sieben von uns war befohlen worden zurГјckzubleiben und uns gefangen nehmen zu lassen. Man hatte uns gesagt, dass man uns zur Schau einsperren, und uns dann freilassen wГјrde. Doch stattdessen wurden meine Freunde hingerichtet. Wenn ich nicht entkommen wГ¤re, wГ¤re es mir genauso ergangen.“

Das Gemurmel im Raum wurde lauter und aufgeregter.

„Und wo haben sie das Schwert hingebracht?“, wollte der Kommandant wissen.

„Das weiГџ ich nicht. Irgendwo tief ins Empire“

„Und wer wГјrde so etwas befehlen?“

„Er!“, rief der Raufbold, der sich plГ¶tzlich umdrehte, und mit dem Finger auf Gareth zeigte. „Unser KГ¶nig! Er hat es befohlen!“

Entsetzte Rufe mischten sich in das Gemurmel im Raum, bis Aberthol endlich mit seinem Stab einige Male auf den Boden schlug und zur Ruhe aufforderte.

Es wurde nur wenig ruhiger im Raum.

Gareth, der ohnehin schon vor Angst und Zorn zitterte, stand langsam auf. Es wurde still im Saal und alle Augen richteten sich auf ihn.

Stufe fГјr Stufe stieg Gareth die Elfenbeinstufen hinunter, und seine Schritte hallten durch den Raum. Sie durchschnitten die angespannte Stille wie ein Messer.

Er durchschritt den Raum, bis er endlich den Raufbold erreichte. Er starrte ihn kalt aus nächster Nähe an. Der Mann wand sich unter dem Griff des Kommandanten und wandte den Blick überall hin, nur nicht zu Gareth.

„FГјr Diebe und LГјgner gibt es in meinem KГ¶nigreich nur eine Art der Behandlung.“, sagte Gareth sanft.

Plötzlich griff Gareth einen Dolch von seinem Gürtel und rammte ihn dem Raufbold ins Herz. Der Mann schrie kurz vor Schmerzen auf und seine Augen weiteten sich, bevor er tot zu Boden sank.

Der Kommandant sah Gareth böse an.

„Ihr habt gerade den einzigen Zeugen gegen Euch vor den Augen aller umgebracht.“, sagte er. „Seht Ihr nicht, dass das nur den Verdacht gegen Euch weiter vertieft?“

„Welchen Zeugen?“, fragte Gareth lГ¤chelnd. „Tote kГ¶nnen nicht sprechen.“

Der Kommandant wurde rot.

„Ihr dГјrft nicht vergessen, dass ich der Kommandant der verbliebenen kГ¶niglichen Armee bin. Ich lasse mich nicht von Euch zum Narren halten. Aus Eurer Tat schlieГџe ich, dass Ihr des Verbrechens schuldig seid, dessen Euch dieser Mann da beschuldigt hat. Daher werden ich und meine Armee Euch nicht lГ¤nger dienen. Vielmehr werde ich Euch wegen Hochverrats am Ring in Gewahrsam nehmen!“

Der Kommandant nickte seinen Männern zu, und mit einem Mal zogen ein paar Dutzend Männer ihre Schwerter und traten vor, um Gareth festzunehmen.

Lord Kultin trat mit doppelt so vielen seiner eigenen Männer vor und alle bezogen mit ebenfalls gezogenen Schwertern hinter Gareth Stellung.

So standen sie den Kriegern des Kommandanten gegenГјber, und Gareth stand zwischen ihnen.

Er grinste den Kommandanten triumphierend an. Seine Männer waren gegen Gareth’s private Kampftruppe in der Unterzahl und er wusste es.

„Ich werde mich in niemandes Gewahrsam begeben“, hГ¶hnte Gareth. „Und schon gar nicht von deiner Hand! Nimm deine MГ¤nner und verlasse meinen Hof – oder stelle dich meiner Truppe.“

Nach wenigen angespannten Sekunden, drehte sich der Kommandant schließlich um, signalisierte seinen Männern, und sie begannen sich vorsichtig zurückzuziehen. Sie gingen mit gezogenen Schwertern rückwärts dem Ausgang zu.

„Von diesem Tage an“, polterte der Kommandant, „wisst, dass wir Euch nicht lГ¤nger dienen! Ihr werdet Euch alleine der Armee des Empire stellen mГјssen. Ich hoffe, dass sie Euch gut behandeln werden. Besser als ihr Euren Vater behandelt habt!“

Unter lautem klappern ihrer RГјstungen stГјrmten die Krieger aus dem Raum.

Die Ratsmitglieder, Diener und anderen verbliebenen Adligen standen alle da und flГјsterten miteinander.

„Geht!“, schrie Gareth. „Alle!“

Alle Männer inklusive seiner privaten Kampftruppe verließen schnell die Kammer.

Nur eine Person blieb zurГјck. Lord Kultin.

Gareth und er waren die einzigen Männer, die noch im Raum waren. Er ging auf Gareth zu, blieb wenige Meter vor ihm stehen und betrachtete ihn, als ob er versuchen wollte, ihn einzuschätzen. Wie immer blieb sein Gesicht dabei ausdruckslos. Es war das Gesicht eines wahren Söldners.

„Mir ist es vГ¶llig egal, was ihr getan habt oder warum.“, setzte er an, und seine Stimme klang tief und dunkel. „Mir ist die Politik gleich. Ich bin ein Krieger. Mir ist nur das Geld wichtig, das Ihr mir und meinen MГ¤nnern zahlt.“

Er machte eine Pause.

„Dennoch wГјrde ich gerne wissen, nur zu meiner persГ¶nlichen Befriedigung: habt Ihr wirklich diesen MГ¤nnern befohlen, das Schwert fortzuschaffen?“

Gareth starrte ihn an. Da war etwas in seinen Augen, das er von sich selbst kannte: sie waren kalt, unbarmherzig und opportunistisch.

„Und wenn dem so wГ¤re?“, fragte Gareth zurГјck.

Lord Kultin sah ihn lange an.

„Aber warum?“, fragte er.

Gareth starrte zurГјck.

Kultins Augen weiteten sich vor Erkenntnis.

„Ihr konntet es nicht kontrollieren, also sollte es auch sonst niemand tun?“, fragte Kultin. „Ist es das?“ Er dachte Гјber die Konsequenzen nach. „Und doch“, fГјgte Kultin hinzu „mГјsst Ihr gewusst haben, dass der Schild zusammenbrechen wГјrde, wenn Ihr es fortschickt, und dass wir dadurch einem Angriff schutzlos ausgeliefert sind.“

Seine Augen weiteten sich noch mehr.

„Ihr wolltet, dass wir angegriffen werden, nicht wahr? Etwas in Euch will, dass King’s Court zerstГ¶rt wird!“, sagte er und begann plГ¶tzlich zu verstehen.

Gareth lächelte ihn an.

„Nicht alle Orte sind fГјr die Ewigkeit geschaffen“, sagte Gareth langsam.




KAPITEL FГњNF


Gwendolyn marschierte mit ihrer riesigen Gefolgschaft von Kriegern, Beratern, Dienern, Ratsmitgliedern, Angehörigen der Silver und der Legion und gut der Hälfte der Bürger von King’s Court auf dem Weg fort von King’s Court. Eine wandelnde Stadt. Gwen war von Gefühlen überwältigt. Auf der einen Seite war sie froh, endlich außer Reichweite ihres Bruders Gareth zu sein, umgeben von Kriegern, die sie beschützen würden, und ohne Angst vor Gareths Heimtücke oder seinen Versuchen, sie mit irgendjemandem zu verheiraten. Endlich würde sie sich nicht mehr bei jedem Schritt und in jedem wachen Augenblick vor seinen Mördern Fürchten müssen.

Gwen fühlte sich inspiriert und demütig, als Herrscherin ausgewählt worden zu sein, und diesen riesigen Trupp anzuführen. Die riesige Gefolgschaft folgte ihr, als wäre sie Prophetin, und marschierte auf dem endlosen erscheinenden Weg nach Silesia. Sie sahen sie als ihre neue Herrscherin – sie konnte es in jedem ihrer Blicke sehen – und sahen sie voller Erwartung an. Sie fühlte sich schuldig, wünschte sich, dass einem ihrer Brüder diese Ehre zuteil werden könnte – jedem, nur nicht ihr. Doch sie sah, wie viel Hoffnung es den Menschen gab, einen fairen und gerechten Herrscher zu haben, und das machte sie glücklich. Wenn sie diese Rolle für sie ausfüllen konnte, besonders in diesen dunklen Zeiten, dann würde sie es tun.

Gwen dachte an Thor, an ihren tränenreichen Abschied am Canyon, und es brach ihr das Herz; sie hatte gesehen wie er verschwand, wie er über die Brücke über den Canyon lief und vom Nebel verschluckt wurde, einer Reise entgegen, die ihn höchstwahrscheinlich das Leben kosten würde. Es war eine heldenhafte und edle Mission – eine, die sie ihm nicht verweigern konnte – eine von der sie wusste, dass sie zum Wohl des Königreichs, zum Wohl des Rings geschah. Doch sie fragte sich, warum es gerade er sein musste. Sie wünschte sich, dass irgendjemand anderer an seiner statt gehen könnte. Sie wollte ihn jetzt mehr denn je an ihrer Seite wissen. In dieser Zeit des Umbruchs, des großen Wandels, in der sie alleine regieren und sein Kind tragen sollte, wollte sie ihn an ihrer Seite haben. Mehr als alles andere jedoch hatte sie Angst um ihn. Sie konnte sich ein Leben ohne ihn nicht vorstellen; alleine der Gedanke daran trieb ihr Tränen in die Augen.

Doch Gwen atmete tief und blieb stark, denn sie wusste, dass alle Augen auf sie gerichtet waren als sie immer weiter gen Norden, auf das entfernte Silesia zumarschierten – eine endlose Karawane auf dieser staubigen Straße. Gwen war immer noch in Schock über ihr zerrissenes Heimatland. Sie konnte kaum fassen, dass der alte Schild zusammengebrochen sein sollte und dass der Canyon überwunden worden war. Gerüchte machten die Runde, dass Andronicus bereits an der Küste von McClouds Land gelandet sein sollte. Sie konnte nicht sicher sein, was sie glauben konnte. Es fiel ihr schwer zu begreifen, dass all das so schnell geschehen konnte – immerhin musste Andronicus mit seiner gesamten riesigen Flotte den Ozean überqueren. Außer natürlich, falls McCloud hinter dem Diebstahl des Schwertes steckte und er den Zusammenbruch des Schildes inszeniert hatte. Doch wie? Wie war es ihm gelungen, es zu stehlen? Wo hatte er es hingebracht?

Gwen konnte fühlen, wie deprimiert alle um sie herum waren, und sie konnte es verstehen. Eine allgemeine Stimmung der Verzweiflung lag über der Gruppe, und das aus gutem Grund; ohne den Schild waren sie vollkommen schutzlos. Es war nur eine Frage der Zeit – wenn nicht heute, dann morgen oder übermorgen – Andronicus würde angreifen. Und wenn er es tat, dann gab es keinen Weg, seine Männer aufzuhalten. Bald würde er diesen Ort, alles was sie so liebgewonnen hatte und schätzte, erobern und jeden den sie liebte umbringen.

Während sie marschierten war es als würden sie ihrem Tod entgegenmarschieren. Andronicus war noch nicht da, doch es fühlte sich an, als wären sie bereits gefangen genommen worden. Sie erinnerte sich an etwas, das ihr Vater einmal gesagt hatte: Wenn du das Herz einer Armee besiegen kannst, dann hast du die Schlacht schon gewonnen.

Gwen wusste, dass es ihre Aufgabe war, alle zu inspirieren, ihnen ein Gefühl der Geborgenheit zu geben, der Sicherheit – und irgendwie sogar von Lebensmut. Sie war fest entschlossen, das zu tun. Sie durfte nicht zulassen, dass ihre persönlichen Ängste oder ein Gefühl des Pessimismus sie in einer Zeit wie dieser überwältigte. Sie konnte sich nicht erlauben, in Selbstmitleid zu baden. Es ging nicht mehr länger nur um sie. Es ging um diese Menschen, ihre Leben, ihre Familien. Sie brauchten sie. Sie alle erwarteten Hilfe von ihr.

Gwen dachte an ihren Vater und fragte sich, was er in ihrer Situation tun würde. Sie musste lächeln. Er hätte den Tapferen gespielt, was auch immer geschehen würde. Er hatte ihr immer geraten, ihre Angst hinter lautem Getöse zu verbergen. Und wenn sie an sein Leben zurückdachte, dann war er ihr niemals ängstlich erschienen. Nicht ein einziges Mal. Vielleicht war alles nur Schauspiel gewesen; doch es war gut gewesen. Als Anführer hatte er gewusst, dass er immer den Blicken aller ausgesetzt war, und er hatte gewusst, dass sie das Schauspiel brauchten, vielleicht sogar mehr als Führerschaft. Er war zu selbstlos, um sich seinen Ängsten zu ergeben. Sie würde von seinem Beispiel lernen und es genauso wenig tun.

Gwen sah sich um und sah Godfrey neben sich laufen, und neben ihm Illepra, die Heilerin; die beiden waren in ein Gespräch vertieft, und sie hatte bemerkt, dass sie zunehmend aneinander Gefallen zu finden schienen seit Illepra sein Leben gerettet hatte.

Gwen wünschte sich, dass ihre anderen Geschwister auch bei ihr hätten sein können. Doch Reece war mit Thor gegangen, Gareth war natürlich für alle Ewigkeit verloren und Kendrick war noch immer irgendwo im Osten mit dem Wiederaufbau einer entlegenen Stadt beschäftigt. Sie hatte einen Boten zu ihm geschickt – das war das erste, was sie getan hatte – und sie betete, dass er ihn rechtzeitig erreichen würde um ihn nach Silesia zu rufen, damit er ihr helfen konnte, es zu verteidigen. Wenigstens konnten zwei ihrer Brüder, Kendrick und Godfrey, mit ihr in Silesia Zuflucht finden, damit wüsste sie, wo alle ihre Geschwister waren. Außer natürlich ihre älteste Schwester, Luanda.

Zum ersten Mal seit einer langen Zeit wanderten Gwens Gedanken zu Luanda. Sie hatte immer eine bittere Rivalität mit ihrer Schwester gehabt; es hatte sie nicht im Geringsten überrascht, dass Luanda di erste Gelegenheit ergriffen hatte aus King’s Court zu fliehen und einen McCloud zu heiraten. Luanda war schon immer ehrgeizig gewesen und hatte schon immer die Erste sein wollen. Gwen hatte sie geliebt und zu ihr aufgesehen als sie jünger war; doch Luanda, für die alles ein Wettbewerb war, hatte ihre Liebe nicht erwidert. Und nach einer Weile hatte Gwen aufgegeben.

Doch jetzt tat sie ihr leid; sie fragte sich, was aus ihr geworden war, jetzt nachdem Andronicus die McClouds überfallen hatte. Würde sie getötet werden? Gwen schauderte bei dem Gedanken. Sie waren Rivalinnen, doch sie waren auch immer noch Geschwister, und sie wollte nicht, dass Luanda einen verfrühten Tod fand.

Gwen dachte an ihre Mutter, die einzige ihrer Familie, die noch da draußen war, gestrandet in King’s Court mit Gareth, immer noch im gleichen Zustand. Der Gedanke ließ sie frieren. Trotz aller Wut, die sie auf ihre Mutter hatte, hätte ihr Gwen nicht ein solches Ende gewünscht. Was würde passieren, wenn King’s Court überrannt werden sollte? Würde sie ermordet werden?

Gwen konnte das Gefühl nicht abstreifen, dass ihr so sorgfältig aufgebautes Leben um sie herum zusammenbrach. Es als wäre es erst gestern gewesen, Luandas Hochzeit im Hochsommer, ein glorreiches Fest. King’s Court schwelgte im Überfluss und sie und ihre Familie waren vereint und feierten – und der Ring war uneinnehmbar. Es schien, als würde es ewig so weitergehen.

Jetzt war alles zerbrochen. Nichts war mehr so wie es einmal gewesen ist.

Ein kalter Herbstwind kam auf, und Gwen zog ihren blauen Wollumhang enger um ihre Schultern. Der Herbst war kurz gewesen in diesem Jahr und der Winter hielt schon seinen Einzug. Sie konnte die eiskalten Böen spüren; sie wurden stärker und feuchter, je weiter sie nach Norden kamen. Der Himmel verdunkelte sich, und bald war die Luft mit einem neuen Klang gefüllt – den Schreien der Wintervögel, diese schwarz-roten Raubvögel die tief ihre Kreise zogen, sobald die Temperatur fiel. Sie krächzten unaufhörlich und der Klang strapazierte Gwens Nerven so manches Mal. Es klang wie die Ankündigung eines bevorstehenden Todes.

Seit sie sich von Thor verabschiedet hatte waren sie dem Canyon in Richtung Norden gefolgt. Sie wusste, dass diese Route sie in die westlichste Stadt des Westteils des Rings bringen würde – Silesia. Während sie liefen zog ein gespenstischer Nebel in dicken Schwaden über sie hinweg und schien an Gwen’s Füssen zu hängen.

„Es ist nicht mehr weit, Mylady.“, hГ¶rte sie eine Stimme sagen.

Gwen blickte auf und sah Srog neben sich stehen. Er trug die unverkennbare rote RГјstung von Silesia und war flankiert von seinen Kriegern, die alle mit denselben roten Kettenhemden und Stiefeln bekleidet waren.

Gwen war zutiefst berührt von der Güte, mit der Srog ihr begegnete, von der Loyalität an die Erinnerung ihres Vaters, von seinem Angebot, Silesia als Zufluchtsort zu nutzen. Sie wusste nicht, was sie und diese Menschen ohne ihn getan hätten. Sie würden noch immer in King’s Court festsitzen und Gareths Heimtücke ausgeliefert sein.

Srog war einer der ehrenhaftesten Lords, die ihr je begegnet sind. Mit tausenden Kriegern zu seiner Verfügung, mit seiner Kontrolle über das Bollwerk des Westens, musste Srog niemandem Tribut zollen. Doch er hatte ihrem Vater seine Ehrerbietung erwiesen. Es war schon immer eine empfindliche Balance der Macht gewesen. In den Zeiten ihres Großvaters hatte Silesia King’s Court gebraucht; zu ihres Vaters Zeiten weniger; und jetzt, zu ihrer Zeit überhaupt nicht. In der Tat, war sie es, die Silesia brauchte, mit dem Zusammenbruch des Schildes und all dem Chaos in King’s Court.

Natürlich waren die Silver und die Legion die besten Krieger, die es gab – genauso wie die tausende von Männern der königlichen Armee, die Gwen jetzt folgten.

Srog hätte einfach seine Tore verschließen, wie so viele andere Lords, und sich um die Seinen kümmern können. Doch stattdessen hatte er Gwen aufgesucht, hatte ihr die Treue geschworen und darauf bestanden, ihnen allen eine neue Heimat zu bieten. Gwen war fest entschlossen, sich eines Tages dafür zu revanchieren. Falls sie es überleben sollten.

„Sorgt Euch nicht.“, sagte sie sanft und legte ihre Hand auf seine. „Wir wГјrden bis ans Ende der Erde laufen, um zu Eurer Stadt zu kommen. Wir schГ¤tzen uns ГјberglГјcklich Гјber Eure Gunst in dieser schwierigen Zeit.“

Srog lächelte. Er war ein Krieger mittleren Alters mit zu vielen Falten, die all die Schlachten, die er in seinem Leben geschlagen hatte in sein Gesicht gegraben hatten, rötlich-braunem Haar, einem kräftigen Kiefer und ohne Bart. Ein gestandener Mann, nicht nur ein Lord, sondern ein echter Krieger.

„FГјr Euren Vater wГ¤re ich durchs Feuer gegangen.“, antwortete er. „Ihr mГјsst mir nicht danken. Es ist eine groГџe Ehre, nun seiner Tochter dienen zu dГјrfen. Immerhin war es sein Wunsch, dass ihr Herrschen sollt. Wenn ich Eurem Befehl folge, folge ich daher ihm.“

In ihrer Nähe marschierten auch Kolk und Brom und hinter ihnen war das ständig präsente klappern von tausenden von Sporen, von Schwertern die in ihren Scheiden klappern, von Schilden, die gegen Rüstungen stießen.

Es war eine riesige Kakophonie von Geräuschen die sich weiter und weiter entlang der Kante des Canyon Richtung Norden bewegte.

„Mylady. Die Schuld wiegt schwer auf meinen Schultern.“, sagte Kolk. „Wir hГ¤tten Thor, Reece und die anderen nicht alleine ins Empire aufbrechen lassen dГјrfen. Mehr von uns hГ¤tten mit ihnen gehen sollen. Wenn ihnen irgendetwas zustößt, bin ich schuld.“

„Sie haben ihre eigene Wahl getroffen.“, sagte Gwen. „Es ist eine ehrenwerte Suche. Wer auch immer vom Schicksal ausgewГ¤hlt worden ist zu gehen, hat sich auf die Suche begeben. Sich schuldig zu fГјhlen hilft niemandem.“

„Und was geschieht, wenn sie nicht rechtzeitig mit dem Schwert zurГјckkehren?“, fragte Srog. „Es wird nicht lange dauern, bevor Andronicus vor unseren Toren aufmarschieren wird.“

„Dann werden wir uns zur Wehr setzen.“, erklГ¤rte Gwen selbstbewusst, und versuchte in ihrer Stimme soviel Mut mitschwingen zu lassen, wie sie nur konnte, in der Hoffnung die anderen damit zu beruhigen. Sie bemerkte, dass sich die anderen GenerГ¤le zu ihr umdrehten und sie ansahen.

„Wir werden uns bis zuletzt verteidigen.“, fГјgte sie hinzu. „Weder werden wir uns zurГјckziehen noch kapitulieren.“

Sie konnte spüren, dass die Generäle beeindruckt waren. Sie war selbst von ihrer Stimme beeindruckt, von der Stärke, die in ihr aufstieg. Es war die Stärke ihres Vaters, von sieben Generationen von MacGil Königen.

Als sie weitermarschierten, bog die StraГџe in einer scharfen Kurve nach links, und als sie ihr folgte blieb sie stehen. Der Anblick verschlug ihr den Atem.

Silesia.

Gwen erinnerte sich, dass ihr Vater sie auf seinen Reisen hierhin mitgenommen hatte als sie noch ein kleines Mädchen war. Es war ein Ort, der seitdem in ihren Träumen nachgeklungen hatte, ein Ort der ihr damals magisch vorgekommen war. Und jetzt, da sie ihn als erwachsene Frau wieder sah, nahm er ihr immer noch den Atem.

Silesia war die ungewöhnlichste Stadt die Gwen je gesehen hatte. All die Gebäude, all die Befestigungsanlagen, all der Stein – alles war aus altem, leuchtendrotem Stein gebaut. Die obere Hälfte von Silesia, hoch, vertikal, dominiert von Zinnen und Türmen, war auf festem Boden erbaut. Die untere Hälfte war in die Wände des Canyon gebaut. Die wabernden Nebel des Canyon zogen auf und verschwanden wieder, umhüllten die Stadt, ließen das Rot strahlen und schimmern im Licht – und erweckten den Anschein, dass sie auf Wolken gebaut war.

Ihre Befestigungen waren mehr als 30 Meter hoch, gekrönt von Zinnen und gesichert durch eine endlos erscheinende Stadtmauer. Dieser Ort war eine gigantische Festung. Selbst wenn es einer Armee gelingen sollte, in die Mauern einzudringen, müssten sie immer noch über die Klippen in den unteren Teil der Stadt herabsteigen und an der Kante des Canyon kämpfen. Das war eindeutig ein Krieg, den keine Invasionsstreitmacht würde führen wollen. Was der Grund dafür war, dass die Stadt seit mehr als tausend Jahren stand.

Ihre Männer hielten an und staunten und Gwen konnte fühlen, dass auch sie alle voller Ehrfurcht waren. Zum ersten Mal seit einer ganzen Weile fühlte Gwen so etwas wie Optimismus. Das war ein Ort, an dem sie bleiben konnten – weit außerhalb Gareths Reichweite – ein Ort, der sich gut verteidigen ließ. Ein Ort, an dem sie regieren konnte. Und vielleicht – ja vielleicht könnte sich das Königreich der MacGils von neuem erheben.

Srog stand die Hände in die Hüften gestemmt da und sog das Bild in sich auf, als würde er die Stadt zum ersten Mal sehen. Seine Augen glänzten Stolz.

„Willkommen in Silesia!“.




KAPITEL SECHS


Thor öffnete seine Augen bei Anbruch der Morgendämmerung und sah die lebhaften Wogen des Ozeans, die in tiefen Wellentälern ausliefen, beschienen vom sanften Licht der ersten Sonne. Das hellgelbe Wasser des Tartuvianischen Meeres glitzerte im Morgennebel. Das Schiff tanzte leise vor sich hin, und das einzige Geräusch, das weit und breit zu hören war, war das leise Plätschern der Wellen am Rumpf.

Thor setzte sich auf und sah sich um. Seine Augenlider waren schrecklich schwer – und in der Tat hatte er sich noch nie so müde gefühlt. Sie waren seit Tagen gesegelt und alles auf dieser Seite der Welt schien anders zu sein. Es war so viel wärmer und die Luftfeuchtigkeit war so hoch, dass es sich anfühlte, als ob man Wasser atmen würde. Das Klima machte ihn träge und seine Gliedmaßen fühlten sich schwer an. Er fühlte sich wie im Hochsommer.

Thor blickte auf seine Freunde, die normalerweise lange vor der Morgendämmerung wach waren, noch friedlich an Deck verstreut schlafen. Sogar Krohn, der sonst immer wach zu sein schien, schlief noch an seiner Seite. Das feuchte tropische Klima machte ihnen allen zu schaffen. Keiner von ihnen machte sich mehr die Mühe, das Steuerrad besetzt zu halten – das hatten sie schon vor Tagen aufgegeben. Es hatte keinen Sinn: ihre Segel waren Tag und Nacht vom Westwind gebläht, und die magischen Gezeiten dieses Ozeans zogen das Schiff konstant in die gleiche Richtung. Es war ganz so, als würde sie etwas zu einem bestimmten Punkt hin ziehen. Sie hatten ein paarmal versucht, den Kurs zu ändern – doch ohne Erfolg.

Sie hatten resigniert und beschlossen das Tartuvianische Meer sie schon irgendwo hin bringen wГјrde.

Es war ohnehin nicht so, dass sie gewusst hätten, wo sie hingehen sollten. Thor grübelte. So lange die Gezeiten sie irgendwo im Empire an Land bringen würden, wäre das schon in Ordnung.

Krohn wachte auf, winselte und dann lehnte er sich an Thor und leckte sein Gesicht. Thor griff in seinen Sack mit den Leckereien fГјr Krohn und fand darin ein letztes StГјckchen getrocknetes Fleisch.

Zu Thors Überraschung schnappte er es sich nicht sofort aus seiner Hand wie er es sonst immer tat; stattdessen sah Krohn auf das getrocknete Fleisch, dann auf den Sack und dann zu Thor. Er zögerte das Essen anzunehmen, und Thor erkannte, dass Krohn nicht das letzte Stück von ihm nehmen wollte.

Thor war zutiefst berührt von der Geste, aber er bestand darauf und schob seinem Freund das Fleisch ins Maul. Thor wusste, dass ihnen bald das Essen ausgehen würde, und er betete, dass sie vorher Land erreichen würden. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wieviel länger ihre Reise dauern würde; was, wenn es Monate wären? Wie sollten sie etwas zu Essen finden?

Die Sonne kletterte hier schnell am Himmel, und schien viel zu frГјh viel zu stark, und als der Nebel sich zu lichten begann ging Thor an den Bug.

Er stand da und hielt Ausschau während das Deck sanft unter ihm schaukelte, und beobachtete, wie sich der Nebel langsam auflöste. Thor blinzelte. Er fragte sich, ob er anfing Dinge zu sehen, als am Horizont die Umrisse von etwas, das wie Land aussah auftauchten. Sein Puls beschleunigte sich. Es war Land! Land!

Es schien eine ausgesprochen ungewöhnliche Form zu haben: zwei lange, schmale Halbinseln erstreckten sich weit ins Meer, wie die Zinken einer Heugabel, und als sich der Nebel hob sah Thor, dass zu beiden Seiten von ihnen bereits Land war. Sie waren auf beiden Seiten nicht mehr als fünfzig Meter entfernt. Sie wurden von irgendetwas direkt in den Meeresarm gezogen.

Thor pfiff und seine BrГјder rappelten sich langsam auf. Sie beeilten sich, zu ihm an den Bug zu kommen, wo er immer noch Ausschau hielt.

Sie alle standen da, atemlos von dem Anblick, der sich ihnen bot: eine derart exotische Küste hatten sie noch nie gesehen. Dichter Urwald reichte bis fast an die Wasserlinie heran – riesige Bäume, die so dicht wuchsen, dass man unmöglich zwischen ihnen hindurch sehen konnte. Thor entdeckte riesige, zehn Meter hohe Farne, die über das Wasser hingen; gelbe und violette Bäume die bis in den Himmel zu reichen schienen; und aus allen Richtungen hörten sie ununterbrochen die Stimmen von Tieren, Vögeln, Insekten und er hatte keine Ahnung was sonst noch alles heulte, knurrte und sang.

Thor schluckte schwer. Er fühlte sich als ob er ein undurchdringliches Königreich der Tiere betrat. Alles schien hier anders zu sein; selbst die Luft roch anders, fremd. Nichts hier erinnerte auch nur im Entferntesten an den Ring. Seine Waffenbrüder sahen sich gegenseitig an und Thor konnte das Zögern in ihren Augen sehen. Sie alle fragten sich, welche Kreaturen im Urwald auf der Lauer lagen und auf sie warteten.

Es war nicht so, dass sie eine Wahl gehabt hätten. Die Strömung trieb sie in eine Richtung, und sie hatten ganz klar ihr vorläufiges Ziel erreicht. Hier würden sie von Bord gehen, und zum ersten Mal den Boden des Empire betreten.

„Hier drГјben!“ rief O’Connor.

Sie liefen zu O’Connors Seite der Reling, und er beugte sich darüber und zeigte nach unten auf das Wasser. Dort schwamm neben dem Schiff ein riesiges Insekt in leuchtendem Violett her, es war ungefähr drei Meter lang, mit hunderten von Beinen. Es leuchtete unter den Wellen, dann wimmelte es über die Wasseroberfläche; als es das tat, begannen tausende von kleinen Flügeln zu surren, und es erhob sich gerade über die Wasseroberfläche um dann in einer fließenden Bewegung abzutauchen, nur um wieder aufzutauchen und den Ablauf wieder von vorne zu beginnen.

Während sie es beobachteten, erhob es sich plötzlich höher in die Luft, auf Augenhöhe mit ihnen, schwebte und starrte sie mit großen grünen Augen an. Es zischte, und sie sprangen unwillkürlich zurück und griffen nach ihren Schwertern.

Elden trat vor und schwang danach. Doch als sich sein Schwert senkte, war es schon wieder zurГјck im Wasser.

Thor und die andern stolperten und fielen kreuz und quer Гјber Deck als das Boot unvermittelt und abrupt anhielt und mit einem Ruck auflief.

Thors Herz schlug schneller, als er Гјber die Kante blickte: unter ihnen war ein schmaler Strand aus tausenden von kleinen zerklГјfteten Steinen, alle von leuchtendem Violett.

Land. Sie hatten es geschafft.

Elden und die anderen gingen zum Anker und gemeinsam wuchteten sie ihn von Bord. Sie kletterten an der Kette hinunter und hatten endlich wieder festen Boden unter den FГјssen.

Thor seufzte, als seine FГјГџe den Boden berГјhrten. Es fГјhlte sich so gut an - trockenes, unbewegtes Land! Es wГјrde ihm nichts ausmachen, nie wieder ein Schiff zu besteigen.

Alle ergriffen die Taue und zerrten das Boot so weit an Land wie sie nur konnten.

„Denkst du, dass die Gezeiten es davonziehen werden?“, fragte Reece und sah zum Boot auf.

Thor sah es an und es schien sicher und fest am Strand zu liegen.

„Nicht mit diesem Anker.“, erklГ¤rte Elden.

„Die Gezeiten werden es nicht nehmen.“, stellte O’Connor fest. „Die Frage ist vielmehr, ob jemand anderes es vielleicht tun wird.“

Thor warf einen letzten Blick auf das Schiff und erkannte, dass sein Freund Recht hatte. Selbst wenn sie das Schwert finden konnten, wГјrden sie vielleicht zu einer leeren KГјste zurГјckkehren.

„Und wie kommen wir zurГјck?“, fragte Conval.

Thor konnte das GefГјhl nicht abschГјtteln, dass sie mit jedem Schritt, den sie taten, die BrГјcken hinter sich abbrachen.

„Wir werden schon einen Weg finden.“, sagte Thor. „Es muss ja schlieГџlich im Empire andere Schiffe als unseres geben, nicht wahr?“

Thor versuchte autoritär zu wirken um seine Freunde zu beruhigen. Doch tief in seinem inneren war er selbst nicht so sicher. Diese ganze Reise schien ihm immer wenige unter einem guten Stern zu stehen.

Sie sahen auf die Baumgrenze. Es war eine Wand aus Blättern, mit nichts als Finsternis dahinter. Die Laute der Tiere um sie herum hoben zu einer wahren Kakophonie an. So laut, dass Thor kaum klar denken konnte. Es war, als ob jedes Tier des Empire zu ihrer Begrüßung schreien würde.

Oder um sie zu warnen.



*



Thor und die anderen wanderten Seite an Seite, argwöhnisch und wachsam, durch den dicken tropischen Urwald. Es fiel Thor schwer einen klaren Gedanken zu fassen, so laut und anhaltend waren die Schreie und das Orchester der Insekten und Tiere um ihn herum. Doch wenn er in die Schwärze des Waldes blickte, konnte er sie nicht sehen.

Krohn folgte ihm und knurrte, das Haar auf seinem RГјcken aufgestellt. Thor hatte ihn noch nie so wachsam erlebt. Er sah hinГјber zu seinen WaffenbrГјdern und sah dass sie alle, genauso wie er eine Hand am Schwertknauf hatte. Auch sie waren aufs Г„uГџerste angespannt.

Sie liefen schon seit Stunden, tiefer und tiefer in den Urwald hinein und die Luft wurde nur wärmer und dicker, noch feuchter, und das Atmen fiel schwer. Sie waren den Spuren von etwas gefolgt, was wohl einmal ein Weg gewesen war, ein paar abgebrochene Äste ließen darauf schließen, dass die Diebe vielleicht hier entlang gekommen waren. Thor hoffte nur, dass dies wirklich ihre Spuren waren.

Er blickte voller Ehrfurcht über die Natur auf. Alles war in epischen Ausmaßen überwuchert, viele der Blätter waren so groß wie er selbst. Er fühlte sich wie ein Insekt in einem Land von Riesen. Er sah eine Bewegung hinter ein paar Blättern, konnte aber nichts erkennen. Er hatte das eigenartige Gefühl, dass sie beobachtet wurden.

Der Weg vor ihnen endete plötzlich vor einer dichten Wand von Blättern. Sie blieben stehen und blickten einander verwundert an.

„Ein Weg kann doch nicht einfach so verschwinden!“, sagte O’Connor und schien verzweifelt.

„Ist er auch nicht.“, erklГ¤rte Reece und untersuchte die BlГ¤tter. „Der Urwald hat ihn sich zurГјckgeholt.“

„Wohin sollen wir dann jetzt gehen?“, wollte Conval wissen.

Thor blickte sich um und fragte sich dasselbe. Egal wohin er sah, sie waren von dichtem Blattwerk umgeben aus dem es keinen Weg heraus zu geben schien. Thor wurde bange ums Herz und er fГјhlte sich in zunehmendem Masse verloren.

Dann hatte er eine Idee.

„Krohn.“, sagte er und kniete sich hin um in sein Ohr zu flГјstern. „Klettere auf den Baum da. Sei unsere Augen und sag uns wo wir hin mГјssen.“

Krohn schaute mit treuen Augen zu ihm auf und Thor wusste, dass er ihn verstanden hatte.

Krohn nahm Anlauf und sprintete auf einen riesigen Baum, mit einem Stamm so dick wie zehn Männer, zu und mit einem riesigen Satz sprang er daran hoch und kletterte von Ast zu Ast bis fast nach ganz oben. Er schob sich bis zur Spitze des Astes vor und hielt mit aufgestellten Ohren Ausschau. Thor hatte schon immer geglaubt, dass Krohn ihn verstehen konnte, doch jetzt war er sich sicher.

Krohn duckte sich und gab einen seltsamen schnurrenden Laut von sich, sprang flink über die Äste wieder herunter und lief los. Die Jungen tauschten zunächst verwunderte Blicke aus und folgten dann Krohn tiefer in den Urwald hinein. Sie mussten sich mühsam ihren Weg durch das dichte Blattwerk bahnen.

Nach ein paar Minuten, in denen sie fast blind durch den Wald tasteten entdeckte ein sehr erleichterter Thor den schon verlorengeglaubten Weg, und die abgebrochenen Г„ste wiesen ihnen wieder den Weg den die andere Gruppe gegangen sein musste. Thor beugte sich zu Krohn herunter und gab ihm einen Kuss auf den Kopf.

„Keine Ahnung, was wir ohne ihn tun wГјrden“, erkannte Reece.

„Ich auch nicht!“, antwortete Thor, und Krohn schnurrte zufrieden und es erschien fast so, als ob er stolz war.

Als sie tiefer in den Urwald vordrangen und sich ihren Weg durch das dicht gewachsene Unterholz bahnten, kamen sie in eine Gegen mit neuen Pflanzen. Sie hatten die Größe eines ausgewachsenen Mannes und blühten überall um sie herum. Die Farbenpracht war hypnotisch. Es gab Bäume mit Früchten in der Größe von Felsbrocken, die von ihren riesigen Ästen hingen.

Sie blieben stehen und bestaunten diese Wunder der Natur während Conval sich nach einer besonders leuchtend roten Frucht streckte.

Plötzlich hörten sie ein tiefes Knurren. Conval sprang zurück und griff sein Schwert und sie sahen sich nervös an.

„Was war das?“, fragte Conval.

„Es kam von da drГјben.“, sagte Reece und deutete in die andere Richtung.

Sie wandten sich um schauten. Doch Thor konnte nichts außer Blättern erkennen. Krohn fauchte zurück. Das Knurren wurde lauter, anhaltender, und schließlich hörten sie Blätter rascheln.

Thor und die anderen traten zurГјck und zogen in Erwartung des Schlimmsten ihre Schwerter.

Was ihnen da aus dem Urwald entgegenkam übertraf selbst Thors schlimmste Erwartungen. Vor ihnen stand ein Insekt, das einer Gottesanbeterin oder Heuschrecke ähnelt, jedoch fünfmal so groß war wie er. Es hatte zwei muskulöse Hinterbeine, und zwei kürzere Vorderbeine mit langen Zangen an den Enden, die in der Luft baumelten und den Scheren eines Hummers ähnelten. Es war leuchtend grün und mit schillernden Schuppen bedeckt und hatte kleine Flügel, die surrten und vibrierten. Es hatte zwei Augen dort, wo man sie erwartet hätte und ein weiteres, drittes Auge an der Nasenspitze. Es bewegte sich und enthüllte noch mehr Zangen unter seinem Hals, die vibrierten und schnappten.

Es stand vor ihnen und überragte sie und eine weitere Zange kam aus seinem Bauch hervor, an einer Art langen, dünnen hervorstehenden Arm; plötzlich und schneller als auch nur einer von ihnen reagieren konnte, schossen drei seiner zangenbewehrten Arme vor und griffen O’Connor um die Hüfte, um ihn hoch in die Luft zu heben, als wäre er leicht wie ein Blatt.

O’Connor schwang sein Schwert aber er war nicht einmal annähernd schnell genug. Das Tier schüttelte ihn ein paarmal, dann öffnete es das Maul und entblößte Reihen von scharfen Zähnen und wollte O’Connor seitwärts hineinstecken.

Angesichts eines wahrscheinlich schmerzvollen Todes schrie O’Connor. Thor erwachte aus seiner Schreckensstarre. Ohne viel zu denken platzierte er einen Stein in seiner Schleuder, zielte auf das dritte Auge des Biests und holte aus.

Er landete einen direkten Treffer. Das Tier kreischte, ein furchtbares Geräusch, das laut genug schien, einen Baum spalten zu können, und ließ O’Connor fallen, der mit einem dumpfen Plumps auf den Boden fiel. Aufgebracht wandte das Biest seine Aufmerksamkeit Thor zu.

Thor wusste, dass der Versuch, die Kreatur zu bekämpfen nutzlos sein würde. Wahrscheinlich würde es zumindest einen von ihnen töten und womöglich auch Krohn, und es würde ihre ohnehin schon geschwächten Energiereserven weiter aufzehren.

Er hatte das GefГјhl, dass sie vielleicht in sein Revier eingedrungen waren und dass er sie vielleicht in Ruhe lassen wГјrde, wenn sie sich nur schnell daraus zurГјckziehen wГјrden.

„LAUFT!“, schrie Thor.

Sie drehten sich um und rannten – und das Biest folgte ihnen.

Thor konnte die Geräusche von den Klauen des Tiers hören, mit denen es sich durch das dichte Blattwerk hinter ihm Schnitt. Eine der Zangen zischte durch die Luft und verfehlte seinen Kopf um weniger als einen Meter. Zerhackte Blätter flogen durch die Luft und regneten auf ihn herab. Sie rannten so schnell sie konnten, und Thor war sicher, dass sie, wenn sie nur genügend Abstand zwischen sich und das Tier bringen, irgendwo Unterschlupf finden konnten.

Doch plötzlich rutschte Reece neben ihm aus und fiel über einen Ast und mit den Gesicht voraus auf den matschigen Boden. Thor wusste, dass er nicht rechtzeitig würde aufstehen können. Er blieb neben ihm stehen, zog sein Schwert und stellte sich zwischen ihn und das Biest.

„LAUFT WEITER!“, schrie Thor den anderen Гјber die Schulter zu, bereits Reece zu verteidigen. Das Biest stГјrzte sich kreischend auf ihn und schwang eine seiner Zangen nach Thors Gesicht. Thor duckte sich und riss gleichzeitig sein Schwert hoch und hackte mit der gleichen Bewegung dem Biest eine seiner Zangen ab. Es lieГџ einen furchterregenden Schrei los.

Eine grüne Flüssigkeit spritze über Thor und er sah schockiert, wie in nur wenigen Sekunden die Zange nachwuchs, als hätte er es nie verletzt.

Thor schluckte. Wie sollte er ein solches Wesen töten? Und jetzt hatte er es auch noch verärgert. Das Biest schlug mit einem anderen Arm, der aus einem anderen Körperteil zu kommen schien und traf Thor hart gegen die Rippen und schleuderte ihn durch die Luft in eine Baumgruppe. Das Biest sprang hinterher und senkte eine andere seiner Zangen auf Thor herab und er wusste, dass er ein Problem hatte.

Elden, O’Connor und die Zwillinge stürzten vor und als das Biest seine Zangen auf Thor senkte, schoss O’Connor einen Pfeil genau in sein Maul der in der Rückseite seines Halses stecken blieb. Es kreischte fürchterlich. Elden ließ seine zweihändige Axt auf den Rücken des Biests hinuntersausen während Conven und Conval es mir ihren Speeren attackierten und es in den Hals trafen. Reece hatte es endlich geschafft sich aufzurappeln und stieß ihm mit aller Kraft sein Schwert in den Bauch. Zur gleichen Zeit sprang Thor hoch und schwang sein Schwert und hackte dem Tier wieder den Arm ab. Auch Krohn beteiligte sich nun. Er sprang hoch und biss sich am Hals des Biests fest.

Es kreischte und schrie als sie ihm mehr Schaden zufügten als Thor überhaupt für möglich gehalten hatte. Doch Thor konnte nicht fassen, dass es immer noch mit vibrierenden Flügeln vor ihnen stand. Es wollte einfach nicht sterben.

Sie hatten mit Schrecken beobachtet, wie es nach den Speeren und der Axt gegriffen hatte, sie aus den Wunden gezogen hatte und diese vor ihnen Augen heilten. Das Biest schien unbezwingbar.

Es stellte sich auf die Hinterbeine und brüllte, und sie sahen erschrocken zu ihm hoch. Sie hatten mit allem was ihnen zur Verfügung stand angegriffen, und es schien nicht einmal eine Schramme zu haben. Es bereitete sich darauf vor, sich mit seinen rasiermesserscharfen Zähnen und Zangen erneut auf sie zu stürzen, und Thor erkannte, dass sie alles versucht hatten. Er war sich sicher, dass sie alle würden sterben müssen.

„AUS DEM WEG!“, kam ein plГ¶tzlicher Schrei.

Die Stimme kam von irgendwoher hinter Thor und klang jung. Thor drehte sich um und sah einen kleinen Jungen, vielleicht elf Jahre alt auf sich zu rennen, der eine Kanne mit Wasser trug. Thor duckte sich und der Junge schleuderte das Wasser und spritzte es über das Gesicht des Biests. Es bäumte sich auf und kreischte furchterregend. Dampf stieg von seinem Gesicht auf, und es versuchte es mit seinen Zangen abzuwischen. Es kreischte und schrie immer wieder – so laut, dass Thor seine Hände über die Ohren legen musste.

Endlich drehte sich das Biest um und rannte davon, zurГјck in den Urwald und verschwand im dichten Blattwerk

Sie alle wandten sich dem kleinen Jungen zu und sahen ihn dankbar und verwundert an. Lediglich mit einem Lendenschurz bekleidet, hatte er längeres braunes Haar und leuchtend grüne, wache Augen. Er war über und über mit Schlamm beschmiert und sah aus – seinen bloßen Füssen und dreckigen Händen nach zu Urteilen – als lebte wahrscheinlich hier draußen.

Thor war niemals einem Fremden gegenГјber dankbarer gewesen.

„Waffen kГ¶nnen einem Gathortier nichts anhaben.“, erklГ¤rte der Junge und rollte seine Augen. „Ihr hattet GlГјck, dass ich in der NГ¤he war und sein Kreischen gehГ¶rt habe. Wenn nicht, wГ¤hret ihr jetzt wahrscheinlich schon tot. Hat euch denn niemand gesagt, dass man ein Gathortier nicht angreifen soll?“

Thor sah seine Freunde sprachlos an.

„Wir haben es nicht angegriffen.”, sagte Elden. „Es hat uns angegriffen.“

„Sie wГјrden niemals angreifen“, sagte der Junge, „es sei denn man dringt in ihr Revier ein.“

„Was hГ¤tten wir dann tun sollen?“, wollte Reece wissen.

„Nun, zum einen schaut man ihm nicht in die Augen.“, erklГ¤rte der kleine Junge. „Und wenn es angreift, legst du dich mit dem Gesicht nach unten flach auf den Boden, bis es dich in Ruhe lГ¤sst. Und am allerwichtigsten: versuche niemals wegzulaufen!“

„Du hast unser Leben gerettet.“, sagte Reece. „Wir stehen tief in deiner Schuld.“

Der Junge zuckte die Schultern.

„Ihr seht nicht gerade wie Truppen des Empire aus.“, sagte er. „ Ihr seht aus, als wГјrdet ihr von irgendwo anders herkommen. Warum sollte ich euch nicht helfen? Ihr tragt die gleichen Abzeichen, wie die Gruppe, die vor ein paar Tagen mit einen Schiff hier ankam.“

Thor und die anderen tauschten Blicke aus und wandten sich dann dem Jungen zu.

„WeiГџt du, wo diese Gruppe hingegangen ist?“, wollte Thor wissen.

Wieder zuckte der Junge die Schultern. „Es war eine groГџe Gruppe und sie haben eine Waffe getragen. Sie schien schwer zu sein: Sie konnten sie nur gemeinsam tragen. Ich bin ihnen tagelang gefolgt – das war leicht. Sie waren langsam und auГџerdem nachlГ¤ssig und unvorsichtig. Ich weiГџ, wo sie hingegangen sind, wobei ich sie nicht weiter als bis zum Dorf verfolgt habe. Ich kann euch hinbringen und euch die Richtung weisen, wenn ihr das wollte. Aber nicht heute.“

Die anderen tauschten ratlose Blicke.

„Warum nicht?“, wollte Thor wissen.

„Es wird bald dunkel, und nach Einbruch der Dunkelheit sollte man sich besser nicht drauГџen aufhalten.

„Doch warum?”, fragte Reece

Der Junge sah ihn an, als wäre er verrückt.

„Die Ethawanzen.“, sagte er.

Thor trat vor und sah den Jungen an. Er hatte ihn sofort gemocht. Er war intelligent, ernsthaft, furchtlos und hatte ein riesengroГџes Herz.

„WeiГџt du einen Ort, wo wir Гјber Nacht Unterschlupf finden kГ¶nnen?

Der Junge sah Thor an, zuckte mit den Schultern, und sah verunsichert aus. Er stand unschlГјssig da.

„Ich glaube nicht, dass ich euch mitnehmen sollte.“, sagte er. „GroГџvater wird bГ¶se auf mich sein.“

Plötzlich kam Kroh hinter Thor vor und lief auf den Jungen zu – und die Augen des Jungen leuchteten begeistert auf.

„Wow!“, rief er.

Krohn leckte das Gesicht des Jungen, wieder und wieder, und der Junge kicherte vor Freude und streichelte Thors Kopf. Dann kniete der Junge nieder und umarmte Krohn.

Krohn schien ihn auch zu umarmen und der Junge lachte.

„Wie ist sein Name?“, wollte er wissen. „Was ist er?“

„Sein Name ist Krohn.“, sagte Thor. „Und er ist ein seltener weiГџer Leopard. Er kommt von der anderen Seite des Meeres. Vom Ring, wo auch wir herkommen. Er mag dich!“

Der Junge kГјsste Krohn ein paar Mal und schlieГџlich stand er auf und sah Thor an.

„Nun ja.“, sagte der Junge, immer noch unsicher. „Ich denke schon, dass ich euch in mein Dorf bringen kann. Ich hoffe nicht, dass GroГџvater zu bГ¶se sein wird. Wenn doch, habt ihr Pech. Folgt mir. Wir mГјssen uns beeilen. Es wird bald Nacht.“

Der Junge drehte sich um und bahnte sich schnell seinen Weg durch den Urwald und Thor und die anderen folgten ihm. Thor war erstaunt Гјber die Geschicklichkeit des Jungen und wie gut er den Urwald kannte. Es fiel ihm schwer, mitzuhalten.

„Von Zeit zu Zeit kommen Leute hier her.“, sagte der Junge. „Das Meer, die Gezeiten, sie fГјhren sie direkt in den Hafen hinein. Manche Leute kommen vom Meer und kommen auf dem Weg zu irgendeinem anderen Ort hier durch. Die meisten Гјberleben es nicht. Sie werden meistens von irgendetwas aufgefressen. Ihr hattet GlГјck. Es gibt viel Schlimmeres hier als das Gathortier.

Thor schluckte.

„Schlimmer als das? Was denn?“

Der Junge schГјttelte den Kopf und lief weiter.

„Das willst du nicht wissen. Ich habe ziemliche schreckliche Dinge hier gesehen.“

„Wie lange bist du schon hier?“, wollte Thor wissen. Er war neugierig.

„Mein ganzes Leben schon.“, sagte der Junge. „Mein GroГџvater hat uns hierher gebracht, als ich noch ganz klein war.“

„Doch warum hierher? An diesen Ort. Es muss doch menschenfreundlichere Orte als diesen hier geben.“

„Du kennst das Empire nicht, nicht wahr?“, fragte der Junge. „Ihre Truppen sind Гјberall. Es ist nicht leicht, unsichtbar fГјr sie zu bleiben. Wenn sie uns jemals fangen wГјrden, wГјrden sie uns als Sklaven halten. Sie kommen jedoch kaum hierher – nicht so tief in den Urwald.

Als sie sich ihren Weg durch das dichte Blattwerk bahnten wollte Thor gerade ein Blatt wegschieben, als der Junge sich umdrehte und Thors Hand einen StoГџ versetzte.

„FASS DAS NICHT AN!“

Sie alle blieben stehen und Thor sah sich das Blatt, das er fast berührt hätte. Es war groß und gelb und sah unschuldig aus.

Der Junge nahm einen Stock und tippte das das Blatt mit der Spitze an. Mit unglaublicher Geschwindigkeit und begleitet von einem lauten Zischen rollte sich das Blatt um den Stock und die Spitze des Stocks löste sich auf.

Thor war geschockt.

„Ein Rankelblatt.“, sagte der Junge. „Gift. Wenn du es berГјhrt hГ¤ttest, hГ¤ttest du jetzt keine rechte Hand mehr.“

Thor sah sich um und betrachtete das GrГјnzeug um ihn herum mit neuem Respekt. Er war ГјberglГјcklich, dass sie diesem Jungen begegnet waren.

Sie wanderten weiter und Thor behielt seine Hände dicht am Körper – genauso wie die anderen auch. Sie waren nun bei jedem Schritt viel vorsichtiger.

„Bleibt dicht beisammen und folgt meinen Schritten genau.“, hatte der Junge gesagt. „Fasst nichts an, und um Himmels Willen versucht nicht, eine dieser FrГјchte zu essen. Und riecht auch nicht an den Blumen, es sei denn, ihr wollt ohnmГ¤chtig werden

„Hey, was ist das?“, fragte O’Connor und drehte sich zu einer riesigen Frucht um, die von einem Ast hing, lang und schmal und von glitzerndem Gelb. O’Connor ging einen Schritt darauf zu und streckte die Hand danach aus.

„NICHT!“, schrie der Junge.

Doch es war zu spät.

Als er sie berührte, gab der Boden unter ihnen nach, und Thor rutschte ein Gefälle herunter, begleitet von Matsch und Wasser. Sie waren inmitten einer Schlammlawine und konnten nicht anhalten.

Sie schrien als sie hunderte von Metern weit direkt in die schwarzen Tiefen des Urwaldes rutschten.




KAPITEL SIEBEN


Erec saß auf einem Pferd, atmete schwer und bereitete sich auf den Angriff der zweihundert Krieger vor ihm vor. Er hatte heldenhaft gekämpft und es war ihm gelungen, die ersten hundert Mann auszuschalten – doch langsam wurden seine Schultern müde und seine Hände zitterten. Sein Verstand hätte ewig weiter kämpfen können – doch er war sich nicht sicher, ob sein Körper mithalten konnte. Er würde einfach mit allem was im zur Verfügung stand weiterkämpfen, wie er es schon sein ganzes Leben getan hatte, und das Schicksal die Entscheidung für ihn fällen lassen.

Erec schrie und trat das fremde Pferd das er einem seiner toten Gegner abgenommen hatte und stГјrmte den Kriegern entgegen.

Sie taten es ihm gleich und stimmten in seinen Kampfschrei mit ihrem noch viel wilderen Geschrei ein. Viel Blut war bereits auf diesem Feld geflossen und beide Seiten waren fest entschlossen es nicht zu verlassen, bevor der Gegner tot war.

Während er auf die anderen Krieger zuritt, nahm Erec sein Wurfmesser vom Gürtel, zielte und warf es auf ihren Anführer vor sich. Es war ein perfekter Wurf, der ihn genau in seinen Hals traf. Er ließ die Zügel fallen, griff nach seinem Hals und viel vom Pferd. Genau wie Erec gehofft hatte, fiel er vor die Füße von anderen Pferden, die über ihn stolperten und ihrerseits zu Boden gingen.

Erec hob mit einer Hand einen Wurfspeer, einen Schild in der anderen, klappte sein Visier herunter und trieb das Pferd noch mehr an. Er würde sich so schnell und mit so viel Gewalt auf sie stürzen wie es ihm nur möglich war. Er würde ihre Schläge wegstecken und seinerseits eine Schneise mitten durch sie hindurch schlagen.

Erec schrie und ritt mitten in die Gruppe hinein. All die Jahre der Tournierkämpfe leisteten ihm nun gute Dienste, und er verwendete seine lange Lanze meisterlich um einen Krieger nach dem anderen auszuschalten. Er duckte sich tief auf dem Pferd und hielt mit seiner anderen Hand den schützenden Schild; Er fühlte einen wahren Regen von Schlägen auf sich nieder regnen. Auf seinen Schild, auf seine Rüstung, aus allen Richtungen. Er wurde mit Äxten und Keulen geschlagen, ein metallener Hagel ging auf ihn nieder und er betete, dass seine Rüstung halten möge. Er klammerte sich an seine Lanze fest und schaltete damit so viele Krieger wie er konnte aus, und schlug dabei eine Schneise in die riesige Gruppe.

Erec bremste das Pferd nicht und nach einer knappen Minute brach er auf der Rückseite der Gruppe aus. Er hatte einen geraden Pfad der Verwüstung mitten durch die feindlichen Krieger geschlagen. Auf seinem Weg hatte er mindestens ein Dutzend Krieger getötet – doch er hatte selbst schwer gelitten. Er atmete schwer, sein ganzer Körper schmerzte und der Klang von Metall hallte in seinen Ohren wider. Er fühlte sich, als wäre er durch ein Mahlwerk geritten. Er sah an sich herab und bemerkte, dass er über und über mit Blut bedeckt war; glücklicher Weise spürte er keine größeren Wunden. Es schien von kleineren Kratzern und Schnitten zu kommen.

Erec ritt einen weiten Kreis und bereitete sich vor, sich ihnen erneut zu stellen.

Sie hatten zwischenzeitlich auch ihre Pferde herumgedreht und bereiteten sich ihrerseits darauf vor, sich wieder auf ihn zu stürzen. Erec war stolz auf die Siege, die er bisher errungen hatte, aber es fiel ihm immer schwerer, wieder zu Atem zu kommen. Und er wusste, dass er es diesmal vielleicht nicht schaffen würde. Nichtsdestotrotz bereitete er sich darauf vor sich wieder auf seine Gegner zu stürzen – er würde nie vor einem Kampf zurückschrecken.

Hinter der Armee erhob sich plötzlich ein ungewöhnliches Geschrei, und zunächst verwirrte es Erec zu sehen, wie eine Gruppe von Männern von hinten angriff. Doch dann erkannte er die Rüstungen und sein Herz machte einen Sprung: es war Brandt, sein enger Freund – ein Silver – gemeinsam mit dem Baron und dutzenden seiner Männern. Erecs Herz setzte einen Moment lang aus als er Alistair mitten unter ihnen reiten sah. Er hatte sie gebeten im sicheren Schloss zu bleiben, aber sie hatte nicht auf ihn gehört. Dafür liebte er sie noch mehr als er ihr jemals würde sagen können.

Die Männer des Barons griffen die Armee mit wildem Schlachtgeschrei von hinten an und lösten damit heilloses Chaos aus. Die Hälfte der Männer drehte sich um, um sich ihnen im Kampf zu stellen, und sie wurden mit lautem Scheppern von Metall auf Metall begrüßt, allen voran Brandt, der mit seiner zweihändigen Axt den Weg wies. Er schwang sie gegen den Anführer der feindlichen Armee und schlug ihm den Kopf vom Körper, und mit dem Schwung der gleichen Bewegung fuhr er herum, krachte sie in die Brust eines anderen Mannes und spaltete dabei dessen Rüstung als wäre es Papier.




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